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Das Volk scheint willig - allerdings die Zähler nicht: In einigen Bezirken in NRW sind dem Zensus 2011 größere Teile der Interviewer abhanden gekommen. Im Rhein-Sieg-Kreis meldete sich jeder sechste ab, in Köln fehlen 17 Prozent.
Das Volk ist mehr oder weniger willig - viele Zähler allerdings nicht: In einigen Zensus-2011-Erhebungsbezirken in Nordrhein-Westfalen fehlen Interviewer. So meldet die Millionen-Stadt Köln ein Minus von knapp 20 Prozent bei den sogenannten Erhebungsbeauftragten für die Volkszählung, im Rhein-Sieg-Kreis hat sich jeder sechste Fragensteller verabschiedet. Im Kreis Recklinghausen seien schon bei den Schulungen 27 Prozent der Teilnehmer abgesprungen, teilt ein Sprecher mit. Insgesamt seien dort aber die 600 notwendigen Helfer gefunden worden und auch unterwegs.
Das Bild ist nicht einheitlich: Während in Köln Interviewer nach Angaben von Erhebungsstellen-Leiter Michael Prümm zum Beispiel abgesprungen sind, weil sie die Arbeit in ihrem Bezirk zu schwierig fanden – Häuser ohne Namensschilder, Gegenden, in denen sehr wenig Deutsch gesprochen wird – fühlten sich viele Erhebungsbeauftragte im Rhein-Sieg-Kreis erschlagen von der Bürokratie: Sie hätten den „Papierkrieg“ einfach unterschätzt, erklärt Sprecherin Rita Lorenz. Im Kreis Recklinghausen sieht Michael Cordes, Leiter der Erhebungsstelle, noch andere Gründe: Die Fahrtkosten werden nicht extra erstattet, sie gelten mit den 7,50 Euro beziehungsweise 2,50 Euro für jeden ausgefüllten Zensus-Bogen als abgegolten. Diese Information hätten die Bewerber zwar auch schon vor der Schulung bekommen, sagt Cordes - viele hatten sie aber offenbar übersehen.
7,50 Euro pro ausgefülltem Fragebogen
Reich wird niemand als Interviewer. Die Arbeit beginne mit einer „Vorbegehung“ des Bezirks, in dem rund 100 Menschen befragt werden, erklärt der Recklinghäuser Statistiker Cordes: Der Erhebungsbeauftragte muss herausfinden, ob sich dort Änderungen ergeben haben, ob etwa ein Altenheim neu gebaut worden ist, das nicht erfasst war. Bei der Vorbegehung verteile der Interviewer Terminkarten und Info-Flyer. Macht der zu befragende Bürger keinen neuen aus, erscheint der Fragensteller zum vorgegeben Termin. Füllt der Gezählte den Bogen mit dem Interviewer aus, bekommt der 7,50 Euro, füllt er ihn allein aus, gibt’s nur 2,50 Euro. Und sollte er nicht da sein, hinterlässt der Erhebungsbeauftragte einen neuen Termin und erscheint zu einen weiteren Besuch.
Beim Zensus 2011 sollen in jeder Stadt mit mehr als 10.000 Einwohnern repräsentative Daten erhoben werden: Das hat zur Folge, dass die Kreise einen viel höheren Organisationsaufwand haben als große Städte. Um in Dortmund mit seinen rund 580.000 Einwohnern ein statistisch relevantes Ergebnis zu bekommen, müssen 22.000 Stichproben gemacht werden, rechnet Amtsleiter Ernst-Otto Sommerer vor; im Kreis Recklinghausen sind bei zehn Kommunen mit insgesamt etwa 630.000 Einwohnern 50.000 Stichproben.
In Essen sind rund 400 Interviewer im Einsatz: Einige hätten sich krank gemeldet, die Fehlzahlen seien aber nicht nennenswert, sagt Frank Krysmalski von der Erhebungsstelle. In Oberhausen sind zwei von 100 Fragestellern abgesprungen, meldet Ulrike Schönfeld-Naßtoll, Leiterin des Amts für Statistik und Wahlen, noch besser sieht die Bilanz in Dortmund aus: von rund 270 Erhebungsbeauftragten fehlt nur einer. Und die rund 25 Absagen bei 530 Interviewern, mit denen Helmut Wehn im Märkischen Kreis klarkommen muss, machen den Leiter der Erhebungsstelle in Lüdenscheid nicht nervös.
Besorgt erscheinen allerdings auch die Statistiker in den Erhebungsbereichen mit großen Fehlzahlen nicht: Alle erklären, dass sie genug weitere Bewerber hätten, die jetzt noch geschult werden könnten. Dazu kämen die Interviewer, die mit ihren Befragungen schon durch sind und weitermachen möchten. “Wir haben genug Reserveleute“, sagt Michael Cordes von der Erhebungsstelle in Recklinghausen, „hier gibt’s keine Alarmsignale.“