Düsseldorf. . Nach den brutalen Überfällen in der U-Bahn in Berlin und München ist die Landespolitik aufgeschreckt. Die FDP in NRW will mehr Polizisten auf Streife in die Bahnen und Haltestellen schicken und löst damit eine Kontroverse aus.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit zieht die Konsequenzen aus den brutalen U-Bahn-Überfällen in der jüngsten Vergangenheit. In der Bundeshauptstadt sollen künftig mehr Polizisten auf den Bahnsteigen und in den Bahnen Streife laufen. Bis 2014 will das Land Berlin dafür 200 Polizisten zusätzlich einstellen. Ab sofort werden bereits 60 Beamte abgestellt, die an den Wochenenden vor allem am Abend und in der Nacht für mehr Sicherheit sorgen sollen.

In Berlin hatten immer wieder brutale Übergriffe in U-Bahnhöfen für Aufsehen gesorgt. So war beispielsweise am Osterwochenende ein 29-Jähriger von einem 18-Jährigen auf dem U-Bahnhof Friedrichstraße bewusstlos geschlagen und getreten worden.

Besseres Sicherheitsgefühl

Solche brutalen Szenen wie in Berlin oder zuletzt München alarmieren die Landespolitik. Die FDP im Land fordert daher auch in NRW mehr Polizei in Bahn und Bussen. Einen entsprechenden Antrag der Partei behandelte heute der Innenausschuss des Landtages in Düsseldorf.

Die FDP stellt darin fest: Fast täglich kommt es in Bussen, U-Bahnen und Straßenbahnen in NRW zu Belästigungen, Pöbeleien und Übergriffen. Vor allem junge Frauen seien Opfer solcher Angriffe. Nach Auffassung der Liberalen gibt es jedoch nicht genügend Sicherheitspersonal, um dagegen vorzugehen. „Der Eindruck, hier ungeahndet pöbeln und anmachen zu können, scheint sich dadurch bei den Handelnden zu verfestigen“, heißt es in dem Antragspapier.

Die Beamten sollen nach dem Willen der Liberalen vor allem an neuralgischen Punkten in den Großstädten und an Wochenenden die Sicherheitskräfte in den Bahnen verstärken. Die FDP setzt dabei auf die abschreckende Wirkung uniformierter Beamter. Außerdem könne das den Fahrgästen ein besseres Sicherheitsgefühl geben als beispielsweise der Ausbau der Videoüberwachung.

Gewerkschaft sieht sich als Lückenbüßer

Die Gewerkschaft der Polizei lehnt diese Forderung jedoch kategorisch ab. „Wir sind keine Lückenbüßer“, sagte der Sprecher der Gewerkschaft, Stephan Hegger, gegenüber DerWesten. Aus Sicht der Gewerkschaft ist die Sicherheit in Bussen und Bahnen Aufgabe der Verkehrsgesellschaften. „Man kann nicht Personal abbauen und dann nach dem Staat rufen“, so der Sprecher der Gewerkschaft weiter. Ihr Vorsitzender Frank Richter fordert daher die Rückkehr des guten alten Schaffners. Jemand Qualifiziertes müsse da sein, an den man sich wenden kann, so Richter.

Die Verkehrsgesellschaften halten einen ausgedehnten Polizeieinsatz an Haltestellen und Bahnhöfen ohnehin für unnötig. „Bei uns herrscht tiefer Friede“, sagt Georg Schumacher, Sprecher der Rheinbahn in Düsseldorf, mit Blick auf die Statistik. Bislang sei in Düsseldorf und Umgebung noch nie ein Mensch Opfer einer Gewalttat in den öffentlichen Verkehrsmitteln geworden. Auch die Zahl der bekannt gewordenen Übergriffe auf die Rheinbahnbeschäftigten sei gering. Olaf Frei von der Essener EVAG sagt ebenfalls: „Es gibt kein Sicherheitsproblem.“ Rheinbahn-Sprecher Schumacher spricht nach den Vorfällen in Berlin und München von einem Zerrbild, das in der Öffentlichkeit entstehe.

Bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft DVG hat man dennoch aktuell die Sicherheitskräfte in den Bussen und Bahnen aufgestockt. Statt 40 sind jetzt 60 im Einsatz. Zum einen soll damit das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste erhöht werden zum anderen geht es um mehr Ordnung und Sauberkeit, wie Sprecher Thomas Nordsiek betont. Die zunächst auf drei Monate befristete Aktion werde von den Fahrgästen sehr positiv angenommen, so Nordiek weiter.

Flächendeckender Einsatz kaum machbar

Woher die zusätzlichen Polizisten für Busse und Bahnen kommen sollen, sagt die FDP in ihrem Antrag nicht. Die Polizeigewerkschaft beklagt, dass es gar nicht genügend Polizisten in NRW gibt, die auf Streife gehen könnten. Schon heute würden 5000 Polizisten im Land zusätzlich gebraucht. „Wenn man Kollegen zum Streifendienst abstellt, dann fehlen diese an anderer Stelle, bei der Verkehrsüberwachung oder bei der Verfolgung von Straftätern“, so die Gewerkschaft.

Am Fall der Essener Verkehrs AG (EVAG) wird deutlich, wie viel Personal notwendig wäre, um flächendeckend Präsenz zu zeigen: Die EVAG betreibt 1000 Haltestellen, davon 35 U-Bahnhöfe, 142 Straßen- und U-Bahnen sowie 197 Busse.

Entsprechend fällt auch die Reaktion des Opferverbandes Weißer Ring aus. „Jeder weiß, dass die öffentliche Hand kein Geld hat. Die FDP muss sagen, wie sie das bezahlen will“, sagte der Landesvorsitzende des Weißen Ringes, Rheinland, Jörg Beck. Er hält eine intensivere Videoüberwachung und den Appell an die Zivilcourage für bessere Wege des Opferschutzes.