Essen. . Osama bin Laden war offenbar eitel und selbstverliebt. Das geht aus Videos hervor, die US-Spezialeinheiten im Haus des El-Kaida-Chefs entdeckt haben. Er färbte seinen Bart. Kratzen diese Bilder am Image als übermenschliches Idol? Ein Kommentar:
Auch bin Laden wollte die Haare schön haben. Die verräterischen Making-of-Videos aus dem Filmstudio Abbottabad jagen nicht nur die Klickzahlen bei YouTube in die Höhe, sie erklären auch, warum die US-Regierung noch keine Bilder des toten Osama bin Laden herausgegeben hat: Niemand hätte sich noch für den gefärbten Bart des Terror-Propheten interessiert, wenn gleichzeitig sein blutiges Leichenantlitz zu sehen gewesen wäre.
So aber, als eitler Greis, der sich wieder und wieder die eigenen Bilder ansieht, wird bin Laden aus der Sphäre des übermenschlichen Idols auf den Boden der eitlen Tatsachen geholt: Der Mann, der sich nicht nur die Haare, sondern auch den Bart färbt, unterscheidet sich eben doch nicht so sehr von deutschen Bundeskanzlern und anderen Menschen jenseits der Lebensmitte, die sich gern so jung gesehen wissen wollen, wie sie sich fühlen.
Falscher Bart eines Pharisäers
Diesem Anschein zuliebe hat bin Laden ja sogar auf die Aura des würdigen Weisen mit grauem Bart verzichtet, der allem Weltlichen abhold ist. Das Gegenteil war der Fall: Er selbst hatte offenbar lebhaften Anteil an dem, was er in seinen Reden gern als westliche Dekadenz beschimpft und zur Verachtung freigegeben hat. Und er ist ja nicht der erste Terrorist, für den die Weltverbesserung durch Sprengstoff vor allem eine große Bühne mit maximalem Publikum darstellt.
Man kann skeptisch fragen, wer denn eigentlich den Film, der dem greisen El Kaida-Chef beim Videogucken über die Schulter blickt, gedreht haben mag - und warum. So oder so aber sind diese Bilder vom Pharisäer bin Laden, vom falschen Bart des Propheten ein Propaganda-Geschenk, das sich die USA nicht entgehen lassen konnten.