Essen. Das Gesetz verbietet beispielsweise Filme und Operetten am Karfreitag. Doch der NRW-Grünen-Chef will die Karfreitagsruhe abschaffen und löst damit heftigen Widerspruch aus.

Wenn heute, am Karfreitag, das öffentliche Leben ruht, ist es eine andere Ruhe, als die der übrigen Feiertage. Keine Kinderfeste im Park, keine Operettenaufführungen im Theater. Karfreitag gehört zu den „stillen“ Feiertagen, seine Stille ist gesetzlich geregelt. Sven Lehmann, Vorsitzender der Grünen in NRW, will das jedoch ändern.

Er löste eine heftige Debatte aus, als er kürzlich erklärte: „Es kann nicht sein, dass eine Minderheit der Leute, die christlichen Glauben aktiv praktiziert, der Mehrheit vorschreibt, wie sie den Tag zu verbringen hat, und ihr durch Verbot bestimmter Veranstaltungen den Abend vermiest.“ Solche Vorschriften passten „nicht mehr in unsere Zeit und sollten abgeschafft werden“.

Bühnen mussten Vorführungen stoppen

Die Vorschriften, die er meint, heißen „Gesetz über die Sonn- und Feiertage“ in NRW. Als „stille“ Feiertage sind darin der Volkstrauertag, Allerheiligen, Totensonntag und Karfreitag genannt. Es untersagt etwa Märkte, Zirkusveranstaltungen, Volksfeste und unterhaltende „Darbietungen“ in Gaststätten. Für Karfreitag gilt zusätzlich ein Verbot für Filme, die nicht vom Kultusminister „als zur Aufführung am Karfreitag ge­eignet anerkannt sind“, oder ein Verbot für Theater- und musikalische Aufführungen.

Ein Deutungsspielraum, der nicht selten für Unfrieden sorgt. So musste in Essen auf Weisung der Bezirksregierung die Premiere der Puccini-Oper „Madame Butterfly“ vorverlegt werden. Der Deutsche Bühnenverein hält die Verbote ohnehin für „unvertretbar“.

Abgesehen vom Bühnenverein erhielt Sven Lehmann für seinen Vorstoß starken Widerspruch – nicht nur von den Kirchen. Auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) stellte sofort klar, dass sie keine Änderung der Regelungen vornehmen werde.

Auch Nikolaus Schneider, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, hält dagegen: „Der Karfreitag erinnert an den Tod Jesu Christi am Kreuz. Weil ein solcher Tag kein Tag der Festfreude und des Jubels ist wie beispielsweise das Oster- oder das Weihnachtsfest, hat der Gesetzgeber diesem Tag einen stilleren Rahmen gegeben.“

Tag der Trauer

Karfreitag ist für alle Christen ein Tag der Trauer. Er erinnert daran, dass Jesus von Na­zareth vor knapp 2000 Jahren in Jerusalem, unter dem römischen Statthalter Pontius Pilatus, wegen Hochverrats und An­stachelung zum Aufruhr zum Tod verurteilt wurde. Un­ter der römischen Besatzung wurde die Hinrichtung auf bestialische Weise durchgeführt. Die Verurteilten wurden an ein Holzkreuz geschlagen. Drei Tage nach seinem Tod ist Jesus nach christlichem Glauben auferstanden.

Den Protestanten galt Karfreitag früher als höchster Feiertag. Sie sahen vor allem im Tod Jesu die Erlösung aus Sünde und Schuld. Für Katholiken stand eher der Sieg über den Tod, die Auferstehung, im Vordergrund. Heute jedoch sind beide Kirchen einig darüber, dass der Tod am Kreuz und die Auferstehung unauflösbar zusammengehören.

Dennoch: Der Charakter der beiden Tage ist grundverschieden. Und der solle erhalten bleiben, sagt Präses Nikolaus Schneider. Denn kein Feiertag könne überleben, wenn er seines Sinnes beraubt werde.