Berlin. . In der Frage, wie Europa auf den Flüchtlingsstrom aus Nordafrika reagieren soll, streiten Union und FDP. Führende Liberale wie Alexander Graf Lambsdorff halten den harten Kurs von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) für falsch. Lambsdorff sagt: Die Flüchtlinge müssten in Europa verteilt werden.

Kritik an der Flüchtlingspolitik von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kommt aus den Reihen der FDP. Der außenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion im EU-Parlament, Alexander Graf Lambsdorff, sagte , „Liberale, Sozialdemokraten und andere“ hätten eine andere Auffassung als Friedrich davon, „wie eine moderne Flüchtlings- und Zuwanderungspolitik auszusehen hat“.

Lambsdorff plädierte dafür, dass Deutschland „ein paar hundert“ der Flüchtlinge aus Nordafrika aufnimmt, die in den letzten Wochen im Zuge einer „riesigen historischen Umwälzung“ in Italien angekommen sind. Die Flüchtlinge müssten in Europa verteilt werden. „Das sind 20 000 Leute in einer Union von 500 Millionen Menschen, das wird uns alle nicht umbringen“, sagte der FDP-Politiker.Er äußerte aber auch Kritik an den Plänen Italiens, die Flüchtlinge mit Touristenvisa in andere EU-Staaten ausreisen zu lassen: Italien versuche, „den Rest Europas zu erpressen, das geht gar nicht“. Die Asylverfahren müssten in dem Staat stattfinden, in dem die Menschen ankommen.

Lambsdorff vermisst ein gesamteuropäisches Konzept. „Die konservativen Regierungen Italiens, Frankreichs und der konservative Teil der deutschen Regierung streiten wie die Kesselflicker, wie man mit dem Problem umgehen soll“, kritisierte er. Die gleichen Regierungen weigerten sich aber zugleich, ein gemeinsames europäisches Konzept zu entwickeln.

Bundesinnenminister Friedrich hatte am Montag beim Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg „engmaschige Grenzkontrollen“ angekündigt. Die EU könne nicht akzeptieren, dass über Italien viele Wirtschaftsflüchtlinge nach Europa kämen, sagte er mit Blick auf die Flüchtlinge aus Nordafrika.

„Nicht die Türen Europas öffnen“

Die Unions-Bundestagsfraktion stellt sich im Streit um Flüchtlinge aus Nordafrika klar hinter Innenminister Friedrich (CSU). Dass Italien Flüchtlingen aus Tunesien ein Touristenvisum für den Schengen-Raum ausstelle, sei ein Missbrauch der Schengen-Regeln, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. „Es wäre auch ein falsches Signal an Nordafrika, das wir da geben, nämlich die Türen Europas zu öffnen. Das wäre fatal“, sagte sie. Ein Großteil der auf der italienischen Insel Lampedusa gestrandeten Menschen seien Wirtschaftsflüchtlinge. Nur 2000 der 25 000 Flüchtlinge hätten überhaupt einen Asylantrag gestellt.

Scharfe Kritik an Italien äußerte auch der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Altmaier. „Der Fall Italien ist kein Fall“, betonte er. Italien sei keineswegs übermäßig von der Flüchtlingsproblematik betroffen und habe im vergangenen Jahr nur halb so viele Asylbewerber und Flüchtlinge aufgenommen wie etwa Deutschland oder Frankreich.

Dagegen hatte Außenamts-Staatsministerin Cornelia Pieper erklärt, der Zustrom von Flüchtlingen aus Nordafrika sei nicht allein ein Problem Italiens, sondern müsse auf europäischer Ebene gelöst werden. Sie halte die Aussage Friedrichs, nach den Schengen-Regeln sei es Aufgabe Italiens, mit Tunesien über die Rücknahme der Flüchtlinge zu verhandeln, für falsch. „Das ist ein europapolitisches Problem und eine Menschenrechtsfrage“, sagte die stellvertretende FDP-Vorsitzende. (epd/rtr)