Brüssel/Bengasi. . Setzt Libyens Diktator verspätet auf Diplomatie? Angeblich hat sich Muammar al Gaddafi in einem Brief an Obama gewandt - mit der Bitte, die NATO-Angriffe abzublasen. Die Kämpfe um Misrata gehen derweil weiter.

Der libysche Staatschef Muammar al Gaddafi hat den amerikanischen Präsident Barack Obama in einem Brief um ein Ende der NATO-Angriffe in seinem Land gebeten. Das berichtete die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf amerikanische Regierungskreise.

Die NATO hat derweil den Bewohnern der umkämpften libyschen Stadt Misrata am Mittwoch ihre Unterstützung zugesichert. Eine NATO-Sprecherin bezeichnete den Schutz der Bevölkerung in Misrata als „oberste Priorität“ der Militärallianz. Erstmals seit den Luftangriffen der Militärkoalition am 19. März verließ ein Tanker mit Öl aus dem Rebellengebiet Libyen.

Die stellvertretende NATO-Sprecherin Carmen Romero sagte der Nachrichtenagentur AFP in Brüssel: „Wir haben ein klares Mandat, und wir werden alles tun, um die Zivilbevölkerung von Misrata zu schützen“. Sie wies darauf hin, dass die Militärallianz am Montag Truppen des Machthabers Muammar el Gaddafi rund um Misrata angegriffen habe. Häufigkeit und „Präzision“ der NATO-Luftangriffe hätten sich nicht geändert. Die britische Luftwaffe bombardierte nach Angaben des Verteidigungsministeriums am Dienstag sechs gepanzerte Fahrzeuge und sechs Panzer der Gaddafi-Truppen im Gebiet von Misrata und Sirte.

Versorgung vom Meer möglich

Libysche Rebellen feiern auf einem erbeuteten Panzer.
Libysche Rebellen feiern auf einem erbeuteten Panzer. © imago stock&people

Der britische NATO-Kommandeur Russ Harding unterstrich, dass der Einsatz zunehmend schwierig werde. Die Gaddafi-treuen Truppen hätten in den vergangenen Tagen ihre Taktik geändert, sagte er im NATO-Regionalquartier in Neapel. Sie seien dazu übergegangen, die Bevölkerung als „menschliche Schutzschilde“ zu missbrauchen. Wenn sich Zivilisten in der Nähe eines Panzers befänden, könne dieser nicht bombardiert werden.

Dem französischen Verteidigungsminister Gérard Longuet zufolge könnte die Bevölkerung in Misrata vom Meer aus versorgt werden. Dazu müssten die Rebellen im weiter östlich gelegenen Bengasi Schiffe mit Lebensmitteln beladen.

Öltanker legt aus Libyen ab

Der Militärchef der libyschen Rebellen, Abdel Fattah Junes, hatte die NATO am Dienstagabend beschuldigt, die Menschen in der von Gaddafi-Truppen belagerten Stadt Misrata preiszugeben. „Wenn die NATO noch eine Woche wartet, ist das das Ende von Misrata“, sagte er in der Rebellenhochburg Bengasi. In dem gut 200 Kilometer östlich der libyschen Hauptstadt Tripolis gelegenen Misrata drohe eine „Ausrottung im wahrsten Sinne des Wortes“.

In der Nähe der von Rebellen kontrollierten ostlibyschen Stadt Tobruk legte am Mittwochnachmittag erstmals seit zweieinhalb Wochen ein Tanker mit Öl aus Libyen ab, wie ein AFP-Reporter berichtete. Das Erdöl im Wert von 120 Millionen Dollar dürfte der Kriegskasse der Rebellen zugute kommen.

Gaddafis Regierung erneuerte unterdessen ihr Gesprächsangebot an die Aufständischen. Die Rebellen müssten ihre Waffen niederlegen, dann könnten sie „sich am politischen Prozess beteiligen“, sagte Vize-Außenminister Chaled Kaim. Der Prozess könne von Vertretern der Afrikanischen Union (AU) und der UNO überwacht werden. (afp/ap)