Stuttgart. . Katholisch, bürgernah und solide: Der Grüne Winfried Kretschmann wird zum neuen Führungsduo in Baden-Württemberg gehören – mit ihm bleibt das Ländle bürgerlich.

Er ist unser bürgerlicher Kandidat, sagt der Alt-Grüne Rezzo Schlauch. Bürgerliche Verhaltensweisen sind Winfried Kretschmann wirklich nicht fremd. Er trägt Ehering, hat drei Kinder und ist seit 40 Jahren mit derselben Frau verheiratet, die auch Kretschmann heißt. Er ist Gymnasiallehrer für Ethik, Chemie und Biologie und wandert am Wochenende gerne in der Botanik der Schwäbischen Alb. Er ist im Schützenverein seines kleinen Heimatdorfes Laiz und war dort zweimal Schützenkönig. Er lernte in einem katholischen Internat und arbeitet im Zentralrat der deutschen Katholiken mit.

Geht es konservativer? Win­fried Kretschmann mag es, wenn man ihn konservativ nennt. Jetzt wird er als Kopf der Grünen in die Führungsspitze eines deutschen Bundeslandes aufsteigen.

Für den 62-Jährigen schließt sich nun ein Kreis. 1980 hat er, nach einer wie üblich wilden kommunistischen Studentenzeit, unter dem Eindruck der Proteste gegen das Kernkraftwerk Wyhl die Grünen im Südwesten mitgegründet. Er rieb sich mit den Jahren an ihnen, und zweimal trat er den Rückzug aus der Politik an.

Irgendwann ist es ihm klar geworden: Die feste Brücke zu seiner Partei ist die gemeinsame Liebe zur Natur. Er machte weiter.

Draht zu Mappus

Die Bewährungsprobe – und die erste bundesweite Aufmerksamkeit für diesen Mann – kam mit dem großen Bahnhof-Streit in Stuttgart im Herbst 2010. Im Schlichterrat von Heiner Geißler vertrat er die Position der Bahnhofskritiker. Leise und etwas pädagogisch zwar, durchaus langweilig. Aber zu vermitteln liegt Kretschmann ohnehin mehr als Brüllen.

Als auf beiden Seiten zu viel gebrüllt wurde, griff er zum Telefon und ließ sich zum Mi­nisterpräsidenten durchstellen, um die eskalierende Lage am Schlossplatz zu beruhigen. Daraus wurde ein Draht zu Stefan Mappus, der bis heute hält.

Mehr moderieren. Nicht nur notfalls Kompromisse ma­chen. Das ist Kretschmanns Linie. Niemand sollte dies mit mangelndem Selbstbewusstsein verwechseln.

Die taz hat ihn einmal ge­fragt, welcher Regierungsstil zu Baden-Württemberg passe. Seine Antwort kam kurz und knapp wie sein Bürstenhaarschnitt: „Meiner“.