Berlin. . Der späte Rücktritt Guttenbergs macht der Union zu schaffen. Die Kanzlerin wollte die Krise aussitzen - doch das ging schief. Jetzt muss sie nicht nur den Scherbenhaufen beseitigen, sie verliert auch eine wichtige Identifikationsfigur für künftige Wahlkämpfe.
Bis zuletzt blieb sein Auftreten widersprüchlich: Karl-Theodor zu Guttenberg bot auch bei seiner Rücktrittserklärung am Dienstag eine Mischung aus zerknirschter Selbstkritik einerseits und beleidigter Journalistenschelte andererseits. Nicht zuletzt den Medien verdankte der CSU-Politiker seinen Aufstieg, denen er jetzt auch „zerstörerische Mechanismen“ attestierte.
Der Schaden, der zurückbleibt, ist gewaltig, besonders für die Union und für Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie hatte darauf gesetzt, die Krise aussitzen zu können, in der Hoffnung, den CSU-Politstar Guttenberg als Zugpferd im Kabinett halten zu können. Als Verteidigungsminister habe sie ihn berufen „und nicht als wissenschaftlichen Assistenten“, versuchte die Kanzlerin und CDU-Chefin die Vorwürfe wegen Guttenbergs teilweise abgeschriebener Doktorarbeit herunterzuspielen.
Flapsiger Spruch als Boomerang
Der Druck auf den Minister nahm unterdessen beständig zu und richtete sich zunehmend auch gegen Merkel selbst. Mehr als 30.000 Doktoranden und andere Nachwuchswissenschaftler warfen Merkel vor, mit dem flapsigen Spruch vom wissenschaftlichen Assistenten ihre eigene mühevolle Kärrnerarbeit im Dienst seriöser Forschung „zu verhöhnen“.
So gut wie alle, die in der Wissenschaft Rang und Namen haben, von der Deutschen Forschungsgemeinschaft über den Kulturrat bis zur Hochschulrektorenkonferenz, warnten vor Schaden für das Ansehen des Forschungsstandorts Deutschland, wenn Betrügereien bei Promotionen quasi regierungsamtlich zum Kavaliersdelikt erklärt würden. Diese Warnung galt mehr Merkel als Guttenberg.
Und die zunächst geschlossene Schutzmauer der Union bröckelte. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) äußerte sich kritisch über Guttenberg in der Plagiatsaffäre, und Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) gestand Guttenberg zwar das Recht auf eine zweite Chance zu, ging aber mit dem Satz „Ich schäme mich nicht nur heimlich“ doch deutlich auf Distanz. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) spekulierte öffentlich darüber, wie lange der Verteidigungsminister wohl noch zu halten sei.
Studenten zu Guttenberg
Grüne sprechen von „Riesenblamage“
Jetzt steht auch Merkel als diejenige da, die es versäumt hat, rechtzeitig den eigenen Laden in Ordnung zu bringen. Von einer „Riesenblamage“ sprechen die Grünen. Auch wird Merkel ein wichtiger Wahlkämpfer fehlen, der den Spagat schaffte, einerseits eine konservative Klientel zu bedienen und zugleich Sympathiewerbung für eine junge, moderne Union zu machen.
Guttenberg selbst gestand bei seinem Abschied erneut eigene Fehler ein, suchte aber auch die Schuld bei anderen. Den Medien warf er vor, sich mehr mit seiner Doktorarbeit befasst zu haben als mit Tod und Verletzung von 13 deutschen Soldaten in Afghanistan. Er dankte dagegen neben der Kanzlerin auch „der großen Mehrheit der deutschen Bevölkerung“, die laut Umfragen bis zuletzt zu ihm gestanden habe.
Was bleibt, sind die Erfolge Guttenbergs in seiner kurzen Amtszeit als Verteidigungsminister, in der er mehr bewegt hat als viele seiner Vorgänger. Dazu zählt die faktische Abschaffung der Wehrpflicht, aber auch, dass über den Kriegs-Charakter des Einsatzes in Afghanistan inzwischen offener gesprochen wird als früher. Ob Guttenberg auch in der Detailarbeit der Bundeswehrreform Erfolg gehabt hätte, kann er nicht mehr zeigen.
Sprunghaftigkeit des Ministers
Nicht nur politische Gegner sahen Guttenberg in Sachen Bundeswehrreform noch vor einer endgültigen Bewährungsprobe. Verwiesen wurde dabei auf die Sprunghaftigkeit des Ministers - beispielsweise seine revidierte Bewertung des Luftangriffs von Kundus, sein Vorgehen in der „Gorch Fock“-Affäre sowie seine Haltung in der Diskussion um die Finanzierung der Bundeswehr.
Dass der Abschied Guttenbergs aus der Politik endgültig ist, bezweifeln allerdings viele. CSU-Chef Horst Seehofer kündigte bereits an, er werde „alles tun“, damit Guttenberg der deutschen Politik und der CSU erhalten bleibe. (afp)