Paris. . Frankreichs Staatschef Sarkozy fordert von der EU gezielte Angriffe auf Ziele in Libyen, um die Rebellen zu unterstützen. Eine Entscheidung über eine Flugverbotszone über Libyen wird auf dem EU-Gipfel nicht erwartet.

Der französische Präsident Nicolas Sarkozy will der Europäischen Union gezielte Luftangriffe auf libysche Ziele vorschlagen. Das verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen in Paris. Sarkozy wollte seinen EU-Kollegen am Freitag einen „umfassenden Plan“ vorstellen, um auf die Lage in Libyen zu reagieren.

Westerwelle warnt vor militärischem Eingreifen

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) hat eindringlich vor einem militärischen Eingreifen in Libyen gewarnt. „Wir wollen nicht Bürgerkriegspartei auf Dauer werden“, sagte Westerwelle nach Beratungen der EU-Außenminister zu der Lage in dem nordafrikanischen Land am Donnerstag in Brüssel. Daher sehe die Bundesregierung die Diskussion über eine Flugverotszone über Libyen mit einer „gewissen Zurückhaltung“: „Eine Flugverbotszone das ist nicht das Aufstellen eines Verkehrschildes, sondern das ist eine militärische Maßnahme mit ernsten Konsequenzen“, warnte Westerwelle.

Daher sei eine Flugverbotszone eine „Option“, die „klug und sehr verantwortungsvoll“ diskutiert werden müsse, fügte Westerwelle hinzu. Bei jedem Eingreifen sei zudem ein Mandat der Vereinten Nationen sowie die Unterstützung und Beteiligung der Staaten der Region, der Arabischen Liga sowie der Afrikanischen Union nötig. Der Außenminister sprach von einer „besorgniserregenden“ Lage und „unerträglichen Gewalttaten“ in Libyen. Daher müsse durch „gezielte Sanktionen“ der Druck auf Machthaber Muammar el Gaddafi und seine Führungsclique erhöht werden.

Frankreich erkennt oppositionellen Nationalrat an

Einen Tag vor dem EU-Gipfel zu Libyen hat Frankreich als erstes Land den oppositionellen Nationalrat als „rechtmäßige Vertreter“ des Landes anerkannt. Als Zeichen dafür soll nach Angaben des Präsidialamtes ein Botschafter zum Sitz des Nationalrates in Bengasi geschickt werden. Deutsche Regierungsvertreter kritisierten das Vorpreschen Frankreichs.

Präsident Nicolas Sarkozy empfing am Donnerstag als erster Staatschef drei Vertreter des Nationalrates und vereinbarte dabei einen Botschafteraustausch. Der Nationalrat werde auch eine Vertretung in Paris eröffnen, teilte sein Vertreter Ali Essawi nach dem Treffen mit. Sarkozy habe außerdem einen „umfassenden Plan“ für Libyen angekündigt, den er seinen EU-Kollegen am Freitag vorstellen wolle, sagte der zweite Nationalratsvertreter Mahmud Dschibril. Der Elyséepalast bestätigte die Information, ohne Einzelheiten zu nennen.

„Völkerrechtlich nicht von Relevanz“

Die libysche Opposition rief andere Staaten und die EU auf, sich der Haltung Frankreichs anzuschließen. Auf deutscher Seite stieß der französische Vorstoß aber auf Kritik. „Man erkennt keine Regierung an, wir erkennen Staaten an“, hieß es in Regierungskreisen in Berlin. „Eine Anerkennung des Rebellenrates ist nichts, was völkerrechtlich von Relevanz ist.“

In Brüssel äußerte sich Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nach einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Alain Juppé zunächst nicht zu dem Thema. Beide forderten aber, dass Gaddafi abtreten müsse. „Ein Mann, der sein eigenes Volk mit einem Bürgerkrieg überzieht, ist am Ende, der muss gehen“, sagte Westerwelle. Juppé sagte, Frankreich und Deutschland setzten sich in der EU für einen Dialog mit den „neuen Vertretern Libyens“ ein - eine Formulierung, die nicht unbedingt eine Anerkennung voraussetzt.

Ziel ist Abtritt von Gaddafi

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hatte am Mittwoch eine Anerkennung des Nationalrates als einzig rechtmäßige Autorität des Landes zunächst abgelehnt. Das Europaparlament forderte die EU am Donnerstag auf, Beziehungen zu der Oppositionsvertretung aufzunehmen. Der Nationalrat wurde von Gegnern Gaddafis gegründet und hat sich zum alleinigen legitimen Vertreter des libyschen Volkes erklärt. In Brüssel berieten die EU-Außenminister und die NATO-Verteidigungsminister über die Unruhen in Libyen.

Der EU-Sondergipfel am (morgigen) Freitag will nordafrikanischen Ländern wie Ägypten und Tunesien mit einer neuen „Transformationspartnerschaft“ politische und wirtschaftliche Hilfe anbieten. Das gaben deutsche Diplomatenkreise am Donnerstag bekannt. Das Ziel der EU für Libyen sei zunächst der „Abtritt“ von Machthaber Muammar al Gaddafi, hieß es in Berlin.

Für die Länder im Übergang zur Demokratie werde konkret über Zollerleichterungen nachgedacht und darüber, die Mittel der Europäischen Investitionsbank (EIB) neu auszurichten und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) mit einzubeziehen. Bis 2013 stünden zudem für die EU-Nachbarschaftspolitik vier Milliarden Euro zur Verfügung, deren Vergabe noch stärker als bisher an Kriterien wie Demokratie, Beachtung von Menschenrechten und Rechtstaatlichkeit gekoppelt werden solle.

Diskussion im Weltsicherheitsrat

Beraten wird den Regierungskreisen zufolge auch über weitere Sanktionen gegen das libysche Regime. Diese könnten beispielsweise auf Staatsunternehmen im Erdölbereich und deren Töchter ausgedehnt werden.

Die Möglichkeit einer Flugverbotszone über Libyen werde sicherlich von den europäischen Staats- und Regierungschefs beraten, eine Entscheidung werde aber nicht erwartet, hieß es. Zuständig sei die NATO, die sich derzeit in der „frühen Planungsphase“ befinde. „Parallelaktionen“ sollten vermieden werden. Vor einer Entscheidung müssten zudem bevorstehende Treffen der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union abgewartet werden. Deren Bitten und Forderungen müssten dann bei einer Diskussion im Weltsicherheitsrat berücksichtigt werden. (ap/afp/rtr)