Rom/Berlin. . Im Kampf um die Macht in Libyen will die Europäische Union den Druck von außen auf Staatschef Gaddafi erhöhen. Ab Freitag sollen angeblich weitere Sanktionen in Kraft treten. Und die Debatte um ein Flugverbot über Libyen geht weiter.

Die Europäische Union plant nach Angaben von EU-Vertretern die Sanktionen gegen Libyen zu erweitern. Davon betroffen wären auch Staatsfonds sowie die libysche Zentralbank. Es werde erwartet, dass die Sanktionen am Freitag in Kraft träten, berichteten EU-Vertreter in Rom und Brüssel.

Damit würden die EU-Sanktionen über die bereits vom UN-Sicherheitsrat genehmigten hinausgehen. Diese sind vor allem gegen den libyschen Staatschef Muammar al Gaddafi, seine Familie sowie Geschäftspartner gerichtet. Die Erweiterung der Sanktionen durch die EU soll nun libysche Firmen treffen, die Anteile an zahlreichen europäischen Unternehmen halten, darunter die italienische Bank Unicredit.

Muammar al Gaddafi

Auf den Straßen von Bengasi...
Auf den Straßen von Bengasi...
...feiern die Menschen den Einzug...
...feiern die Menschen den Einzug...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... der libyschen Rebellen nach Tripolis. Viele der feiernden Menschen...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... dürften den gleichen Wunsch haben: Diese Männer bringen ihn mit einem selbst gemalten Plakat deutlich zur Geltung. 42 Jahre...
... Regierungszeit machten  Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den
... Regierungszeit machten Muammar al Gaddafi zu Afrikas dienstältestem Herrscher, er selbst nannte sich deshalb den "König der afrikanischen Könige". Oberst Gaddafi, nach eigenen Worten 1942 in einem Beduinenstamm ... © AP/Sergei Grits
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den
... in der Wüste nahe der Stadt Surt geboren, putschte sich im September 1969 unblutig an die Macht und rief wenige Jahre später den "Staat der Massen" aus. Der regiert sich ... © AP/Francois Mori
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ.
... zumindest in der Theorie selbst und braucht folglich keinen Staatschef, weshalb Gaddafi sich nie so nennen ließ. © REUTERS
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ...
Zu den harmlosen Sonderlichkeiten des Revolutionsführers gehört das berühmte Beduinenzelt, das er selbst zu Staatsbesuchen ins Ausland mitnimmt, weil er nicht in einem Haus schlafen mag. Eine weitere Schrulle ... © REUTERS
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht.
... ist die frische Kamelmilch, auf die er morgens nicht verzichten mag, weshalb immer auch ein paar Kamelstuten mit ins Flugzeug müssen, wenn er auf Reisen geht. © REUTERS
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ...
Seine Herrschaft konnte Gaddafi aber nur mit eiserner Hand festigen. Politische Gegner wurden gnadenlos unterdrückt. Zugleich achtete er bei der Verteilung ... © REUTERS
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt.
... von Macht und Posten darauf, dass die komplizierte Stammesstruktur seines Landes nicht aus dem Gleichgewicht geriet. Ablehnung und Protest war Gaddafi daher während seiner Herrschaft bisher nur außerhalb seiner Heimat gewohnt. © REUTERS
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden.
Zum internationalen Paria wurde Gaddafi nach einer Serie von Anschlägen, die seinem Regime zugeschrieben wurden. © REUTERS
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ...
Anfang der 90er Jahre verhängten die Vereinten Nationen ein Handelsembargo. Jahrelang hielt Gaddafi dem Druck stand, doch im Frühjahr 2003 entschädigte er dann die Opfer der beiden Flugzeuganschläge, ... © REUTERS
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags.
... wenig später schwor er öffentlich seinem Rüstungsprogramm ab. Im darauffolgenden Jahr zahlte die Gaddafi-Stiftung auch Entschädigungen an die Opfer des La-Belle-Anschlags. © AFP
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ...
Damit vollzog Gaddafi eine radikale Kehrtwende und streckte die Hand nach dem Westen aus. Libyen wurde wieder hoffähig, die UNO hob das Embargo auf. Internationale Konzerne standen ... © REUTERS
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen.
... fortan in Tripolis Schlange, um Geschäfte mit dem viertgrößten afrikanischen Ölproduzenten einzufädeln. Die Europäer machten ihn zum Partner, um Flüchtlingsströme aus Afrika einzudämmen. © REUTERS
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Mit den Sanktionen werde verhindert, dass die libyschen Teilhaber ihre Anteile an den europäischen Firmen verkauften oder Dividenden erhielten, sagte ein italienischer EU-Vertreter.

Debatte über Flugverbot über Libyen

Angesichts andauernder Gewalt aus der Luft gegen das libysche Volk wächst unter deutschen Politikern offenbar die Zustimmung für eine Flugverbotszone über dem nordafrikanischen Land. Das berichtet die „Bild“-Zeitung am Mittwoch.

„Wenn Verbrechen gegen die Menschlichkeit eindeutig erwiesen sind, fordere ich zum Schutz der Zivilbevölkerung ein Flugverbot über Libyen“, sagte das Mitglied des Bundestags-Verteidigungsausschusses Burkhardt Müller-Sönksen (FDP) dem Blatt. Als Voraussetzung sieht er ebenso wie der Unions-Verteidigungsexperte Henning Otte (CDU) ein Mandat des UN-Sicherheitsrats.

Für die SPD unterstützt deren verteidigungspolitischer Sprecher Rainer Arnold dieses Anliegen, warnt jedoch vor Konsequenzen. „Ein Flugverbot ist gut. Aber bei der Durchsetzung droht ein militärischer Konflikt, der möglicherweise größeren Schaden anrichtet, als er nützt.“

Nach Ansicht des Grünen-Obmanns im Verteidigungsausschuss, Omid Nouripour, sei ein Flugverbot nur sinnvoll, wenn UN-Sicherheitsrat, Arabische Liga und Afrikanische Union zugestimmt haben. „Nur so wird das Eingreifen nicht als Angriff des Westens auf den Islam verstanden.“

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sprach sich dafür aus, die Möglichkeit eines Flugverbots ernsthaft zu prüfen. Einen Alleingang der Nato ohne UN-Mandat lehne er jedoch ebenfalls ab, sagte Westerwelle dem „Straubinger Tagblatt“ (Mittwochausgabe). Deutschland müsse darauf achten, am Ende nicht in einen militärischen Konflikt zu geraten.

England und USA beraten über Strategie gegen Gaddafi

Angesichts der Gewalt in Libyen haben US-Präsident Barack Obama und der britische Premierminister David Cameron am Dienstag vereinbart, sich auf das „volle Spektrum möglicher Reaktionen“ einzustellen. Wie das Weiße Haus nach einem Telefongespräch der beiden Regierungschefs mitteilte, werden auch ein Waffenembargo und eine Flugverbotszone weiterhin in Erwägung gezogen. Wichtigstes Ziel sei, „so schnell wie möglich“ der Gewalt im Land ein Ende zu bereiten und die Entmachtung von Staatschef Muammar al Gaddafi herbeizuführen.

Allerdings unterstrich die US-Regierung, dass die Ermächtigung für die Einrichtung einer Flugverbotszone vom Sicherheitsrat bei den Vereinten Nationen kommen müsse. „Wir denken, dass es wichtig ist, dass die Vereinten Nationen die Entscheidung treffen - nicht die Vereinigten Staaten“, sagte US-Außenministerin Hillary Clinton dem britischen Fernsehsender Sky News.

Für diesen Mittwoch wird ein Treffen von Obamas Sicherheitsberaters im Weißen Haus erwartet. Sie werden aller Voraussicht nach überlegen, welche Schritte realistisch sind, um Gaddafi unter Druck zu setzen und zum Abschied von der Macht zu bewegen.

Truppen des libyschen Machthabers Muammar al Gaddafi hatten unterdessen am Dienstag mit zahlreichen Luftangriffen sowie mit Raketenbeschuss ein weiteres Vorrücken der Aufständischen verhindert und dabei mindestens 26 Menschen zum Teil schwer verletzt. Nach Angaben des Roten Halbmondes hinderten Gaddafi-treue Soldaten zudem Gastarbeiter an der Flucht nach Tunesien. Berichte, Gaddafi habe einen Gesandten zu den Rebellen geschickt, um seinen Rückzug auszuhandeln, wurden vom libyschen Staatsfernsehen dementiert. (dapd)