Wien. . Die Beziehungen zwischen Libyen und Österreich sind seit der Kanzlerschaft Bruno Kreiskys stabil. Auch Jörg Haider pflegte die Freundschaft mit dem Diktator. Milliardengeschäfte des Vizechefs des libyschen Staatsfonds und großzügige Parteispenden sorgen nun für Unruhe.

Bis vor wenigen Wochen war Mustafa Zarti wohl einer der weltweit meist hofierten Investoren. Nun kommt der 40-jährige Vize-Chef des libyschen Staatsfonds noch nicht einmal an sein Sparbuch und sein Girokonto heran – beides hat die österreichische Nationalbank gesperrt. Gegen die Bank will der libysche Spitzenmanager nun eine Dienstaufsichtsbeschwerde einlegen.

Den unschuldigen Augenaufschlag und die gespielte Empörung hat Zarti, der am 21. Februar eingereist ist, gut heraus. Nur seine Frau habe er in Wien besuchen wollen, und für die Konten des libyschen Regimes sei er „gar nicht zeichnungsberechtigt“, erklärt er. Allerdings steht er im Verdacht, als Strohmann Gaddafis zu fungieren, schreibt die FAZ. Dies bestreite Zarti aber.

Immerhin gehen bei ihm die Finanzgrößen der globalisierten Welt ein und aus: Bei seiner Hochzeit in einem Edelzelt bei Tripolis gaben sich David Rubenstein von der Carlyle Group und Wall-Street-König Stephen Schwarzman von Blackstone die Ehre, Chefs von zwei der größten Investment-Häuser der Welt. In New York speist Zarti mit Frank Carlucci, Verteidigungsminister unter George Bush senior und später Kopf von Carlyle. Nat Rothschild, jüngster Spross der legendären Finanzdynastie, gilt als sein enger Freund.

65 Milliarden Dollar

Nur bei der EU-Kommission und bei der Regierung in Wien schien bis Ende letzter Woche niemand zu wissen, um wen es sich da handelt. Zarti fehlt auf der Liste der Libyer, die mit persönlichen Sanktionen aus Brüssel bedacht wurden, und auch die Nationalbank zu Wien hatte den Mann nicht auf dem Schirm. Es bedurfte erst eines Artikels in der Tageszeitung „Die Presse“, um darauf aufmerksam zu machen, welch dicker Fisch da durch die trübe Brühe der Wiener Finanzwelt schwamm.

Das Kapital, das Zarti gerne anlegen möchte, beläuft sich auf etwa 65 Milliarden Dollar – genug auf den von der Krise gebeutelten Märkten, um als hoch interessante Persönlichkeit zu gelten. Ein ungenannter Informant der „Presse“ will von 30 libyschen Milliarden allein in Österreich wissen – für die Wirtschaft des Landes schon ein echtes Kraftpaket.

Zarti, der sich auf Deutsch verständlich machen kann, ist der Transmissionsriemen des Gaddafi-Clans in dem formell unabhängigen Fonds, den er verwaltet. Seine Anweisungen, meinen Banker in der Londoner City, kommen direkt von seinem besten Freund, Diktatorensohn Saif el-Islam.

Jörg Haider besuchte Gaddafi zwei mal in der Sahara

Österreich ist der Brückenkopf des Gaddafi-Regimes in Europa. Schon 1982 war der Diktator zu Besuch beim damaligen österreichischen Kanzler Bruno Kreisky. Danach festigten sich die österreichisch-libyschen Beziehungen. Politisch flirtete Gaddafi auch bis zu dessen Tod 2008 gern mit dem rechtsradikalen Jörg Haider, der ihn mindestens zweimal in der Sahara besuchte – einmal mit seinem inzwischen einsitzenden Hausbanker und einmal mit seiner Ehefrau Claudia, die seit ihrer Verwitwung nun selbst der „libysch-österreichischen Gesellschaft“ vorsteht.

Zeugen behaupten, Gaddafi habe Haiders Partei finanziert – mit in Plastik eingeschweißten Scheinen in jedem Wahlkampf, einmal sogar mit 45 Millionen Euro. Wieder war der Mittelsmann Saif, ein „feiner Kerl“, mit dem Haider „einen trinken“ ging.

Wie bei den Beduinen funktionierte auch in Österreichs Öffentlichkeit der alte Kronprinzentrick: Gaddafi selbst möge zwielichtig sein, besänftigte Haider, der gute Sohn aber werde es richten.

Zarti, der als Sohn eines Opec-Funktionärs einen Teil seiner Jugend in Wien verbracht hat, ist seit 2006 auch österreichischer Staatsbürger. Als „Vollblut-Österreicher“ preist ihn der Handelsdelegierte der Wirtschaftskammer in Tripolis, einen, der sich immer für „heimische“ Firmen eingesetzt habe. Die Regierung in Wien wird allerhand zu erklären haben.