Shanghai. . Die Umbrüche in der arabischen Welt haben Auswirkungen bis nach China. Am Sonntag wollten in mehreren Städten erneut Menschen protestieren. Die Polizei schritt ein. Dennoch geht die chinesische Regierung aus Angst vor Umbrüchen auf die Protestbewegung zu.

Die chinesischen Behörden haben sich den zweiten Sonntag in Folge bemüht, Proteste nach arabischem Vorbild im Keim zu ersticken. Mit einem großen Polizeiaufgebot wurden geplante Demonstrationen in Peking und Shanghai unterdrückt. In der Hauptstadt wurden ausländische Journalisten festgesetzt, darunter auch Mitarbeiter der ARD und des ZDF.

Auf dem zentralen Platz des Volkes in Shanghai versuchten Polizisten, mit schrillem Trillerpfeifen-Lärm etwa 200 Menschen zu vertreiben. Im belebten Pekinger Einkaufsviertel Wangfujing besprühten mehrfach städtische Straßenreinigungsfahrzeuge Demonstranten mit Wasser. Mindestens sechs Chinesen wurden in den beiden Städten festgenommen.

Die Polizei riegelte Wangfujing ab und führte ausländische Reporter, Kamerateams und Fotografen ab. Darunter waren auch Mitarbeiter der Nachrichtenagentur AP, der BBC, des Radiosenders Voice of America sowie des Fernsehsenders Bloomberg News. Ihnen wurde gesagt, dass sie eine Sondergenehmigung bräuchten, um aus Wangfujing zu berichten. Damit dehnte die Regierung offenbar ein bereits bestehendes Verbot aus, wonach nicht vom Platz des Himmlischen Friedens berichtet werden darf. In Shanghai riefen die Behörden Journalisten indirekt auf, sich von den Protestorten fernzuhalten.

Aufruf zu Protesten in 27 Städten

Wie viele Menschen an den Demonstrationen teilnehmen wollten, war nicht klar. Die Resonanz auf entsprechende Online-Aufrufe schien jedoch größer zu sein als in der Vorwoche. Die unbekannten Organisatoren hatten diesmal zu Protesten in 27 Städten aufgerufen. Sie forderten außerdem die Behörden auf, die im Vorfeld der geplanten Demonstrationen in 13 Städten am 20. Februar festgenommenen Aktivisten freizulassen.

Die chinesischen Sicherheitskräften hatten die Proteste auch schon an diesem Tag mit einer Demonstration der Stärke unterdrückt. Die Polizei erhöhte ihre Präsenz auf den Straßen und zensierte Aufrufe zu einer "Jasmin-Revolution" im Internet. Mehr als 100 Aktivisten wurden nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen vernommen, unter Hausarrest gesetzt oder festgenommen.

Der Volksaufstand in Tunesien, der am 14. Januar zur Flucht des damaligen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali führte, wird inzwischen als Jasmin-Revolution bezeichnet. Die Proteste haben mittlerweile auf zahlreiche andere arabische Länder übergriffen.

Chinas Regierungschef verspricht Änderungen

Dennoch geht die chinesische Regierung offenbar aus Angst vor Revolten auf die Protestler ein. Nach den Protestaufrufen im Internet versprach Chinas Regierungschef Wen Jiabao Schritte gegen Inflation, Korruption und Spekulation. In einem Chat mit Internetnutzern signalisierte Wen am Sonntag, dass er die Sorgen der Bürger ernst nehme. „Der Sinn unserer wirtschaftlichen Entwicklung ist es, die wachsenden materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen zu erfüllen und das Leben der einfachen Leute zu verbessern“, sagte der Ministerpräsident.

Wen versprach in dem Internetchat insbesondere Maßnahmen gegen die Inflation. „Der rasche Preisanstieg hat Auswirkungen auf das Leben der Menschen und die soziale Stabilität“, sagte der Regierungschef. Ungeachtet von Maßnahmen, um den Preisanstieg zu dämpfen, liegt die Inflation bei 4,9 Prozent. Steigende Preise für Lebensmittel und Mieten bestimmen die Schlagzeilen in China, wo in der Vergangenheit wiederholt Proteste gegen steigende Lebenshaltungskosten ausgebrochen waren. Wen kündigte zudem an, das jährliche Wachstum in den kommenden fünf Jahren auf sieben Prozent zu begrenzen. (dapd/afp)