Rom. .
Papst Johannes Paul II. wird seliggesprochen. Das entschied Papst Benedikt XVI. am Freitag. In Polen wurde die Entscheidung mit Freude aufgenommen. Dort ist Johannes Paul II. ein Volksheld.
Der verstorbene Papst Johannes Paul II. soll nach einer Entscheidung seines Nachfolgers seliggesprochen werden. Wie Benedikt XVI. am Freitag entschied, wird Johannes Paul eine Wunderheilung zugesprochen. Eine französische Nonne, bei der die Parkinson-Krankheit festgestellt wurde, wandte sich nach eigener Aussage noch dem Tod des Kirchenoberhauptes 2005 in Gebeten an Johannes Paul. Die Krankheit sei dann unerklärlicherweise verschwunden.
Die Zeremonie zur Seligsprechung, die die letzte Stufe vor der Heiligsprechung ist, soll nach Mitteilung des Vatikans am 1. Mai stattfinden. Das kirchliche Verfahren zur Seligsprechung kann normalerweise erst fünf Jahre nach dem Tod einer Person beginnen. Benedikt durfte diese Regel nach dem Kirchenrecht aber außer Kraft setzen.
„Sofort heiligsprechen“ forderten die Polen schon 2005
In polnischen Ohren waren die Sprechchöre noch längst nicht verklungen. „Santo subito, santo subito!“, hatten im April 2005 Hunderttausende nicht nur auf dem Petersplatz in Rom skandiert, sondern auch in allen polnischen Städten. „Sofort heiligsprechen“ sollte der neue Papst Benedikt XVI. seinen legendären Vorgänger Johannes Paul II. alias Karol Wojtyla.
Der polnische Papst war am 2. April 2005 nach bewegendem, teilweise öffentlich ausgetragenem Todeskampf gestorben. Die Trauer in Polen war damals grenzenlos. Entsprechend groß war am Freitag der Jubel im Land, als der Vatikan die Seligsprechung Johannes Pauls II. für den 1. Mai ankündigte. „Das ist eine riesige Freude für uns“, sagte der Metropolit von Warschau, Kardinal Kazimierz Nycz. Und der Primas der katholischen Kirche in Polen, Erzbischof Josef Kowalczyk, stellte voller Genugtuung fest: „Damit erfüllt sich der Wunsch von Millionen Gläubigen, den sie schon am Grab des Papstes geäußert haben: Santo subito!“
Der Führer der polnischen Freiheitsbewegung Solidarnosc, Friedensnobelpreisträger Lech Walesa, kommentierte die Nachricht von der Seligsprechung pathetisch mit den Worten: „Das Licht kehrt zurück.“ Und der erste Präsident des postkommunistischen Polens fügte hinzu: „Johannes Paul II. hat uns gelehrt, wie wir leben sollen.“ Der polnische Papst hatte seine Landsleute nach seiner Amtsübernahme 1978 immer wieder dazu ermuntert, sich nicht mit der Unterdrückung durch das KP-Regime abzufinden. Viele Polen sehen deshalb in ihm den entscheidenden Wegbereiter der friedlichen Revolution von 1989.
„Endlich eine gute Nachricht für uns in schwierigen Zeiten“
In den polnischen Medien verdrängte die bevorstehende Seligsprechung am Freitag sogar das Megathema dieser Tage von der Spitze der Schlagzeilen. Nicht mehr die Empörung über den russischen Untersuchungsbericht zur Flugzeugkatastrophe von Smolensk stand vorübergehend im Mittelpunkt, sondern der polnische Papst. „Dank sei Gott! Das ist endlich einmal eine gute Nachricht für uns in so schwierigen Zeiten“, schrieb ein Leser an die Online-Ausgabe der Zeitung „Rzeczpospolita“.
Aufmerksam und zufrieden registrierten die Polen auch die Tatsache, dass die Seligsprechung Johannes Pauls II. „die erste ist, die Benedikt XVI. überhaupt vornimmt“, wie die Zeitung „Gazeta Wyborcza“ anmerkte. Der deutsche Papst werde die Zeremonie auf dem Petersplatz am 1. Mai selbst leiten, hieß es weiter. Unbestätigten polnischen Medienberichten zufolge hat der Erzbischof von Wojtylas einstiger Diözese Krakau, Stanislaw Dziwisz, den Termin vorgeschlagen. An diesem ersten Sonntag nach Ostern begehen die Katholiken den im Jahr 2000 von Johannes Paul II. eingeführten Feiertag der Barmherzigkeit Gottes.
Verfahren in Rekordzeit zum Abschluss gekommen
Papst Benedikt befand sich seit dem Tod seines Vorgängers in keiner leichten Lage, denn für eine Selig- und spätere Heiligsprechung gibt es in der katholischen Kirche strenge Regeln. Mit ihren „Santo subito!“-Rufen machten die Gläubigen aber Druck. Nun ist das Verfahren in Rekordzeit zu einem Abschluss gekommen. Die Seligsprechung würdigt Johannes Paul II. für die angebliche Wunderheilung der französischen Ordensschwester Marie Simon-Pierre. Simon-Pierre war 2005 von der Parkinson-Krankheit genesen, nachdem sie den verstorbenen polnischen Papst immer wieder in Meditationen um ihre Heilung gebeten hatte.
Kritische Stimmen zur Seligsprechung Johannes Pauls II. waren in Polen am Freitag nicht zu hören, eine Art „Nationalheiliger“ ist Karol Wojtyla für viele seiner Landsleute ohnehin. Nach seinem Tod waren es vor allem viele junge Polen, die inständig um „ihren“ Papst trauerten. Die „Generation JP II“ - jene um 1980 Geborenen, die nur ein Leben mit Johannes Paul II. kannten -, versprach damals, das Erbe Karol Wojtylas zu ehren und zu pflegen. In der polnischen Realität hatte dieser Schwur kaum Bestand. Nach mehreren Missbrauchs- und Korruptionsskandalen wandten sich viele junge Leute von der katholischen Kirche ab. Zudem mischten sich die Bischöfe in den Augen der Jungen in zu viele Lebensbereiche ein. Und so war es wohl kein Zufall, dass der Warschauer Kardinal Nycz am Freitag betonte: „Vielleicht wird uns die Seligsprechung wieder einen.“ (dapd, rtr)