Berlin/Düsseldorf. .
Bundesverkehrsminister Ramsauer droht der Deutschen Bahn nach dem Winter-Chaos mit Konsequenzen. Die rot-grüne Minderheitsregierung in NRW fordert die Reinvestition der Bahn-Gewinne in die Infrastruktur.
Das Winter-Chaos bei der Deutschen Bahn hat für Konzernverantwortliche möglicherweise Folgen. „Wenn sich herausstellt, dass es vermeidbares Chaos gab, muss es Konsequenzen geben. Als Ausrede taugt der Winter in Deutschland nicht - und auch nicht die Fehler der Vergangenheit“, schreibt Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer in einem Gastkommentar für die „Bild am Sonntag“.
Gleichzeitig kritisierte der CSU-Politiker den Sparkurs der vergangenen Jahre: „Der Winter macht es auch in diesem Jahr deutlich: Wir dürfen nicht auf Verschleiß fahren! Auf der Schiene regierten jahrelang Sparpolitik und Renditedruck. Reserven wurden abgebaut, Personal eingespart. Das lässt sich nicht von heute auf morgen aufholen. Ergebnis: Zugausfälle, Verspätungen, verärgerte Fahrgäste, Entschädigungskosten.“ Auf die schnee- und kältebedingten Probleme müsse die Bahn jetzt mit einer „Qualitäts- und Investitionsoffensive“ reagieren.
Sonderkonferenz der Länderverkehrsminister
Am Freitag hatte die Bahn mitgeteilt, dass seit dem Einbruch des Winters rund 110.000 Kunden Anträge auf Fahrpreiserstattung gestellt hätten. Eine Bahnsprecherin versicherte, dass jede Forderung genau geprüft und innerhalb der nächsten Wochen darüber entschieden werde. Wie teuer die Entschädigungen die Bahn insgesamt zu stehen kommen, sei derzeit noch nicht abzusehen.
Am Montag findet in Berlin eine Sonderkonferenz der Verkehrsminister der Länder statt. Dabei wird der Chef der Deutschen Bahn AG, Rüdiger Grube, auf der Grundlage eines kurzfristig eingereichten Antrags der Länder Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt zu den Qualitätsproblemen der Bahn im Winter Stellung nehmen, wie das brandenburgische Infrastruktur-Ministerium mitteilte.
Wie der „Spiegel“ am Samstag meldete, will der nordrhein-westfälische Verkehrsminister Harry Voigtsberger (SPD) auf der Konferenz eine Vorlage einbringen, wonach Ramsauer anders als in den vergangenen Jahren darauf verzichten soll, Gewinne des Unternehmens in Höhe von 500 Millionen Euro an den Bund auszuschütten. Die Bahn solle das Geld künftig „in den Bereichen der Infrastruktur, der Fahrzeuge, der Werkstätten und des Personals“ investieren, heiße es in dem Papier weiter. Eine Aufstockung der Finanzreserven für diese Zwecke trüge „erheblich“ dazu bei, „Zugverspätungen und -ausfällen vorzubeugen“. Die „Qualitätsmängel“ seien bei den extremen Witterungsbedingungen der vergangenen Wochen erneut „über das normale Maß weit hinausgegangen“ und „systemimmanenter Art“.
Forderung nach allwettertauglicher Technik
Sachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Sven Morlok (FDP) bekräftigte derweil seine Kritik am Chaos-Management der Bahn. „Ich erwarte von Bahn-Chef Grube, nachdem er uns schon voriges Jahr vergeblich Besserung gelobt hatte, dass er der Politik jetzt konkrete Maßnahmen vorlegt, mit denen die Bahn künftig solche Ausfälle verhindert“, sagt Morlok der Zeitschrift „Super Illu“. Es sei fraglich, ob die Bahnführung in der Vergangenheit „immer das betriebswirtschaftlich Sinnvolle gemacht“ habe. Und schließlich sei auch der Image-Schaden, den die Bahn in diesem Winter erlitten habe, nicht zu unterschätzen.
Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Winfried Hermann (Grüne), forderte einen Strategiewechsel bei der Deutschen Bahn. Ansonsten komme das Unternehmen aus dem derzeitigen Dilemma nicht heraus, sagte er der „Berliner Zeitung“. Die Bahn müsse sich künftig auf den Schienenverkehr in Deutschland konzentrieren und Schluss machen mit „überteuerten Großprojekten, die auf Jahre Geld und Kapazitäten blockieren, ohne dass sie Nutzen bringen“. Auch die Einkaufspolitik müsse überdacht werden. Hermann sagte: „Wozu brauchen wir teure Züge, die Tempo 300 fahren, aber beim ersten Schneefall die Geschwindigkeit reduzieren müssen? Wir sollten stattdessen künftig auf robuste, allwettertaugliche Technik setzen.“