Essen.
Politiker und die Polizei kritisieren die Pläne des Luftfahrt-Verbands IATA und des Düsseldorfer Airports, Passagiere bei Flughafen-Kontrollen in Risikogruppen zu unterteilen.
Luftfahrtgesellschaften und Flughafen-Chefs suchen intensiv nach neuen Wegen, um den Luftverkehr vor Terroranschlägen zu schützen. In den Schubladen des Internationalen Luftverkehrsverbandes IATA liegen Pläne für ein neues Kontrollsystem. Dabei werden Passagiere in Risikogruppen eingeteilt.
Merkmale könnten nicht nur Reiseverhalten (wie oft?) und Reiseroute (Nahost?) sein, sondern auch Gruppenzugehörigkeit (junger Muslim?), die ethnische Herkunft und ob per Kreditkarte oder bar bezahlt wird. In der höchsten Risikogruppe soll es die schärfsten Kontrollen geben.
Vorstoß aus Düsseldorf
Mit Christoph Blume, Chef des Düsseldorfer Rhein-Ruhr-Airports und ab Januar Präsident der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen, hat sich in der „Rheinischen Post“ erstmals ein deutscher Luftfahrtmanager für ein ähnliches Vorgehen ausgesprochen. Blume hält das „Profiling“, wie es in Israel praktiziert wird, für einen Ausweg, um ständige Alarmzustände zu vermeiden. „Jeder neue Vorfall führt zu weiteren Kontrollen und Sicherheitsmaßnahmen. So entsteht eine Sicherheitsspirale der technischen Aufrüstung, die irgendwann ihre technischen und operativen Grenzen erreicht“.
Die Überlegungen, die Kontrollen über eine Einteilung der Fluggäste in Risikoklassen zu verschärfen, stoßen auf Widerstand. Die Innenexpertin der FDP im Bundestag, Gisela Piltz, sagte der WAZ: „Reisende aufgrund Herkunft, Religion oder wegen des Aussehens in Schubladen zu stecken, ist der falsche Weg.“ Richtig sei zwar, Risiken früh zu sehen. „Aber bestimmte Gruppen von Reisenden dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden.“
Peter Schaar hat in erster Linie rechtliche Bedenken. „Eine solche anlasslose Rasterfahndung von Passagieren sehe ich äußerst kritisch“, sagte Schaar. „Für ein solches Profiling würde derzeit die Grundlage fehlen.“ Das Bundesverfassungsgericht habe klare Grenzen gezogen. Demnach sei eine Rasterfahndung „nur möglich, wenn eine konkrete Gefahr, etwa für die Vorbereitung oder Durchführung terroristischer Anschläge, besteht“. Schaar sagt, er bezweifle, „dass von jedem Fluggast eine solche Terror-Gefahr ausgeht“.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sagt Nein zum Plan. „Er könnte sich dann als gefährlicher Irrtum erweisen, wenn eine Person einen Anschlag verübt, die nicht in das Raster gepasst hat“, glaubt GdP-Chef Bernhard Witthaut.
Seine GdP lenkt den Blick auf ein nach ihrer Ansicht bestehendes ganz anderes Risiko: Die Fluggastkontrollen würden heute privaten Firmen überlassen, deren schlecht bezahlte Mitarbeiter oft weder die Menschenkenntnis hätten noch das technische KnowHow, die Kontrollen durchzuführen. Witthaut fordert, die Mitte der 90er-Jahre durchgeführte Entstaatlichung zurück zu nehmen.
Nicht rechtens
Tatsächlich hatte die Bundesregierung erst kürzlich eingeräumt, dass neben 730 bundeseigenen Kräften inzwischen 6260 Luftsicherheitsassistenten privater Dienstleister auf den deutschen Flughäfen in der Kontrolle arbeiten - und dabei Stundenlöhne ab gerade 7,99 Euro erhalten.
Ob die Pläne, die von IATA und dem Düsseldorfer Flughafenchef angesprochen werden, mit dem Grundgesetz vereinbar sind, ist offen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Mai 2006 eine Rasterfahndung für verfassungswidrig er-klärt, die nach dem 11. September 2001 in NRW durchgeführt worden war und die nach ähnlichen Kriterien (Student? Muslim? Jung?) funktioniert. Vor allem: Auch sie vorbeugend durchzuführen sei nicht rechtens, so Karlsruhe damals.
Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV), deren Vorsitz Blume jetzt übernimmt, dämpft schon: Der Düsseldorfer Airport-Manager Blume habe nur „eine von vielen Möglichkeiten“ genannt, den Schutz vor Terror zu verbessern.