Brüssel. .

EU-Politiker reagieren schockiert auf das restriktive Mediengesetz, das die rechts-konservative Regierung Ungarns beschlossen hat. „Die EU-Kommission muss unverzüglich gegen die Pläne vorgehen. Sie verstoßen gegen den Geist und die Worte der EU-Verträge“, empörte sich Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn.

Asselborn forderte einen sofortigen Stopp der Pläne, auch weil Ungarn am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernehmen soll. „Es stellt sich die Frage, ob ein solches Land würdig ist, die EU zu führen“, sagte Asselborn. Wenn Ungarn mit diesem Gesetz den EU-Ratsvorsitz übernehme, müsse man wirklich von Doppelstandards der Europäer sprechen. Denn die Europäische Union sehe sich bisher zu Recht als weltweite Speerspitze im Kampf für Meinungs- und Pressefreiheit.

Ungarns Parlament hat ein Mediengesetz verabschiedet, das der von der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz kontrollierten neuen Medienbehörde NMHH künftig neben der Aufsicht der staatlichen Medien auch die Kontrolle über die privaten Fernseh- und Radiosender sowie Zeitungen und Internetportale erteilt. Kritiker fürchten eine massive Einschränkung der Medienfreiheit, zumal die NMHH-Präsidentin für neun Jahre von Ministerpräsident Viktor Orban ernannt worden war.

„Gefahr für die Demokratie“

Asselborn sieht darin einen Bruch der Werte der Europäischen Union und wählte drastische Worte: „Dies ist eine direkte Gefahr für die Demokratie. Hier wird die Meinungsbildung unter die Kontrolle des Staates gestellt.“ Etwas Schlimmeres könne es in einer Demokratie nicht geben.Ausdrücklich warf Asselborn der ungarischen Führung autoritäre Tendenzen vor: „Bisher galt der (der weißrussische Präsident) Lukaschenko als der letzte Diktator in Europa. Wenn das Gesetz in Kraft tritt, stimmt das nicht mehr ganz“, sagte er. Luxemburgs Außenminister wies zudem einen Vergleich mit dem missglückten Versuch der EU-Staaten zurück, Österreich im Jahr 2000 wegen der damaligen Regierungsbeteiligung des Rechtspopulisten Jörg Haider auszugrenzen. „Im Vergleich zu den ungarischen Plänen war Haider ein Messdiener.“ Der Österreicher habe nie versucht, die Medien unter staatliche Kontrolle zu stellen. „Diesmal kann auch niemand behaupten, ein Eingreifen der EU sei eine Einmischung in innere Angelegenheiten: Das geplante Gesetz verstößt gegen die festgeschriebenen Werte von 500 Millionen Europäern.“ Es dürfe nicht in Kraft treten.

Auch der Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Martin Schulz, reagierte scharf. „Wir werden Ungarn sehr genau an den europäischen Standards zur Pressefreiheit messen“, sagte er der „Frankfurter Rundschau“. Sollten diese nicht erfüllt werden, werde Budapest „große Probleme“ bekommen. Der FDP-Europaabgeordnete Alexander Alvaro sagte, er halte es für äußerst fragwürdig, dass eine designierte EU-Ratspräsidentschaft kritische Medien im eigenen Land mundtot machen wolle. Die ungarische Regierung müsse sich fragen, ob sie mental überhaupt hinter dem Projekt Europäische Union stehe, deren Werte mittrage und nächste Woche den EU-Vorsitz übernehmen könne. rtr