Washington. Am Vorabend der Inauguration holt sich der Republikaner von seinen Fans, was selbst eine Amtseinführung nicht liefern kann: Bewunderung.
Es gibt etwas für Donald Trump, das selbst eine präsidiale Amtseinführung (noch dazu eine ohne Menschenmassen) nicht bieten kann: eine Kundgebung vor Tausenden enthusiasmierten Fans, die stundenlang in nasser Januar-Kälte kilometerlang anstehen, um eine Sitzschale in der Capital One-Arena von Washington zu ergattern. Und die etwas mitbringen, was für den designierten 47. Präsidenten der USA, der an diesem Montag offiziell vereidigt wird, fast wichtiger ist als die Luft zum Atmen: grenzenlose Bewunderung.
Davon bekommt der 78-Jährige, der die amerikanische Hauptstadt vor fast genau vier Jahren nach dem von ihm inspirierten Sturm aufs Kapitol als Paria verließ und jetzt mit triumphalem Gestus zurückkehrte, am Sonntagnachmittag im Überfluss ab. Redner um Redner preisen den neuen, alten Commander-in-Chief in der für 20.000 Menschen ausgelegten, aber längst nicht vollen, Sporthalle als „Retter“ und „Sieger“, auf den Amerika seit Jahren gewartet habe.
Größer und schönere Haut – alles dank Donald Trump
Megyn Kelly, eine TV-Persönlichkeit, die Trump vor acht Jahren noch vor laufender Kamera übel beleidigte, sagte, sie sei zwei Zentimeter größer heute und besitze die strahlende Haut von Jennifer Lopez – alles wegen Trump. Stephen Miller, Trumps Architekt für die geplanten Massenabschiebungen illegaler Einwanderer, versprach Amerika ein „goldenes Zeitalter“. Jon Voight, ein ehemaliger Hollywood-Schauspieler, nannte Trump einen „Helden“, der „das Land retten“ werde.
Als Trump, der zuvor auf dem Nationalen Heldenfriedhof von Arlington gemeinsam mit Vize-Präsident JD Vance am Grab des unbekannten Soldaten einen Kranz niederlegte, zwei Stunden nach Beginn der von Live-Musik von Südstaaten-Krawall-Rapper Kid Rock grundierten Show zu Lee Greenwoods Hymne „God Bless the USA“ auf die Bühne trat, wurde er wie eine Heilsgestalt empfangen.
Sein erster Satz: „Wir haben gewonnen”. Trump versprach dem Land, das an diesem Montag „vier lange Jahre des Niedergangs Amerikas“ enden und „ein brandneuer Tag der Stärke, des Wohlstands und des Stolzes Amerikas“ beginnen würden. Im Anschluss ratterte Trump im Eiltempo Dutzende politische Vorhaben herunter, die mit „historischer Schnelligkeit und Stärke” umgesetzt würden, um die USA auf Vordermann zu bringen.
Joint Venture soll Tiktok retten
Die „Make America Great Again Victory Rally“ war der Auftakt zu einer politischen Schubumkehr, die 2021 kaum jemand für möglich gehalten hatte. Trump schien damals für immer diskreditiert. Begleitet von milliardenschweren Wirtschaftsbossen (Elon Musk etc.) und vielen Prominenten (Dana White, der Chef der „Ultimate Fighting Championship“) begann der Republikaner, der die Wahl im November gegen die Demokratin Kamala Harris knapp aber klar gewonnen hatte, am Sonntag die Erzählung völlig neu zu schreiben.
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Keine Silbe mehr über die Tage der Schande im Januar 2021, als die US-Demokratie am Abgrund stand. Stattdessen präsentierte sich der Immobilien-Unternehmer als Retter der Social Media-App Tiktok, die auf der Basis eines Urteils des Obersten Gerichtshofes ab sofort in den USA die Arbeit einstellen müsste. Trump will das Verbot, von dem 170 Millionen Nutzer in den USA betroffen wären, unterlaufen und ein 50:50-Joint Venture zwischen der chinesischen Mutter-Gesellschaft Bytedance und einem US-Unternehmen erreichen.
Trump will mit „executive orders“ Bidens Politik zurückdrehen
Eine entsprechende präsidiale Anordnung soll bereits am Montagmittag ergehen; zusammen mit rund 200 weiteren „executive orders“, die flächendeckend die Politik des scheidenden Präsidenten Joe Biden zurückdrehen sollen. Trump kündigte außerdem an, bisher zurückgehaltene offizielle Akten über die Ermordung von Präsident John F. Kennedy, Justiz-Minister Robert F. Kennedy und Bürgerrechtler Dr. Martin Luther King freizugeben.
„Wir werden nicht aufhören zu gewinnen“, rief Trump in Anlehnung an einen ähnlichen Spruch aus 2017 ins Hallenrund. Ein ehrgeiziges Versprechen, das nur von Elon Musk übertroffen wurde. Begleitet von seinem kleinen Sohn X sagte der Multimilliardär, der zu Trumps wichtigsten Beratern gehört, dass dessen Vereidigung heute die Weichen dafür stellen werde, dass „Amerika für ein Jahrhundert, für Jahrhunderte, für immer stark sein kann“.
Zum Abschluss sangen die „Village People“ live ihren Klassiker „Y.M.C.A“. Die inoffizielle LGBTQ+-Hymne hat es Trump derart angetan, dass sie seit Monaten auf seinen Kundgebungen gespielt wird. Er tanzt dazu.