Berlin. Bei Anti-AfD-Protesten kommt es zu Rangeleien zwischen Beamten und Gegendemonstranten. Nun ermittelt die Polizei in den eigenen Reihen.

Das Video eines Polizeieinsatzes bei den Protesten gegen den AfD-Parteitag in Riesa sorgt in den sozialen Medien für Empörung – und führt zu Ermittlungen in den eigenen Reihen der Polizei in Sachsen. Der kurze Clip zeigt eine Szene von Samstagnachmittag, als Polizisten Gegendemonstranten von einer Straße drängen. Dabei kommen auch Polizeihunde zum Einsatz.

„Fass, fass!“, ruft ein Polizist, hebt den Hund am Geschirr in die Höhe und drückt den Kopf des Tieres gegen den Arm eines Gegendemonstranten. Das Tier wirkt dabei verunsichert. Der Gegendemonstrant steigt daraufhin ruhig über eine Leitplanke. Wenige Augenblicke später wiederholt sich der Vorgang. Ein Reporter der „Berliner Zeitung“ filmt die Szene, dazu heißt es in dem Beitrag beim Kurznachrichtendienst X: „Ein Polizeihund wird auf einen Aktivisten losgelassen, weil dieser auf der falschen Straßenseite gelaufen war.“ Das Video sehen Sie hier:

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Kurz nach der Veröffentlichung macht der Vorwurf der Tierquälerei die Runde. „Die Verhältnismäßigkeit kann man aus diesem Ausschnitt sicher nicht abschließend beurteilen, aber: Wie kann man so einem Menschen das Führen eines Hundes anvertrauen?“, heißt es von einem User. Ein anderer schreibt: „Diesem Beamten muss die Erlaubnis zum Führen eines Schutzhundes sofort zwingend entzogen werden. Er hat sich nicht unter Kontrolle. Mit seinem Wutausbruch hat er die Teamarbeit gefährdet. Von der Tierquälerei gar nicht zu reden.“

Die sächsische Polizei reagiert und schreibt: „Das Video ist uns bekannt und wird im Rahmen der Einsatznachbereitung besprochen und geprüft.“ Später heißt es von Polizeisprecher Marko Laske, der Einsatz körperlicher Gewalt gehöre zu den polizeilichen Maßnahmen. „Die Bilder sehen im Zweifel robust aus, das gehört aber zum polizeilichen Portfolio dazu“, so Laske. Die Polizei habe die Aufgabe, die Versammlungsfreiheit zu gewährleisten und den Parteitag stattfinden zu lassen. Dazu gehöre auch der Einsatz von Schutzhunden, erklärte Laske mit Blick das Video.

Am Sonntag teilte die Polizei dann mit, dass sie in dem Fall Ermittlungen aufgenommen habe. Weil inzwischen eine Anzeige vorliege, werde es ein Strafverfahren geben, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner. Der Vorfall werde in diesem Rahmen aufgeklärt. Vor Abschluss des Verfahrens könne man keine Bewertung dazu abgeben.

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AfD-Parteitag in Sachsen: Linken-Abgeordneter bewusstlos geschlagen

Empörung gibt es auch über einen Vorfall mit dem sächsischen Linken-Abgeordneten Nam Duy Nguyen. Dieser sei, obwohl er sich als „Parlamentarischer Beobachter“ ausgewiesen habe und eine entsprechende Warnweste trug, von Polizisten zusammengeschlagen worden und zwischenzeitlich bewusstlos gewesen, teilte seine Partei mit. Ein Begleiter sei im Gesicht verletzt worden.

Linken-Politiker Nam Duy Nguyen (Archivbild).
Linken-Politiker Nam Duy Nguyen (Archivbild). © dpa | Sebastian Kahnert

Sachsens Innenminister und Dresdens Polizeipräsident kündigten an, den Sachverhalt mit höchster Priorität aufzuklären. Es werde wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt ermittelt. „Es tut uns sehr leid, dass ein Abgeordneter und sein Begleiter im Zuge des Polizeieinsatzes zu Schaden kamen“, erklärte Rodig: „Dies war mit Sicherheit nicht die Intention unseres polizeilichen Handelns.“

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Polizei registriert 34 Straftaten bei Protesten gegen AfD-Parteitag

Insgesamt registrierte die Polizei bei den Anti-AfD-Protesten nach eigenen Angaben bis zum Nachmittag 34 Straftaten. Unter anderem werde wegen Körperverletzung, tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Nötigung und Sachbeschädigung ermittelt. 

„Wir haben unsere Ziele erreicht: Der Parteitag findet statt. Damit sind wir unserer Verpflichtung, Parteiveranstaltungen unabhängig ihrer politischen Ausrichtung zu schützen, nachgekommen“, sagte der Dresdner Polizeipräsident Lutz Rodig. Gleichzeitig habe die Polizei den Prostest in Sicht- und Hörweite ermöglicht und damit das Recht auf Versammlungsfreiheit gewahrt. 

Tausende hatten in Riesa seit dem Morgen gegen den AfD-Parteitag demonstriert. Sie reisten mit Bussen und Zügen an, blockierten wichtige Zufahrtsstraßen. Die Stimmung war teils aufgeheizt, vielerorts standen sich Demonstranten und Polizei gegenüber, es gab Auseinandersetzungen. Sechs Beamte wurden leicht verletzt. Dies sei laut Polizei vor allem bei „Rangeleien“ passiert, als Demonstranten versucht hätten, Absperrungen zu durchbrechen. Informationen über verletzte Demonstrations-Teilnehmer lagen zunächst nicht vor.

AfD-Parteitag: Aktionsbündnis kritisiert Polizeieinsatz mit Pfefferspray und Schlagstöcken

Das Bündnis „Widersetzen“ warf der Polizei vor, Demonstranten zum Teil nicht zur Kundgebung durchgelassen zu haben - es sei zum Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken gekommen. Laut Helen Kramer vom Bündnis „Kein Bock auf Nazis“ sind Demonstranten in rund 200 Busse aus zahlreichen Städten Deutschland nach Riesa gekommen. Der Tag habe gezeigt: „Riesa ist vielfältig und bunt“. Am Nachmittag erklärten die Organisatoren vom Bündnis „Widersetzen“ den Aktionstag für beendet. 

Für Sonntag, wenn der AfD-Bundesparteitag weitergeht, sind nach Angaben der Organisatoren keine Aktionen und Demonstrationen geplant. Die Polizei richtet sich nach eigenen Angaben auf einen Einsatz bis Sonntagabend ein.