Berlin. Das Tischtuch zwischen Scholz und Lindner ist zerschnitten. Oder doch nicht? In einem Interview lässt der Bundeskanzler aufhorchen.
Trotz Scheiterns der Ampelregierung kann sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine erneute Koalition mit der FDP nach der Bundestagswahl vorstellen. „Ich habe nichts Generelles gegen die FDP. Das Tolle an der Demokratie ist die Demokratie“, sagte Scholz dem Magazin „Stern“ laut Vorabmeldung von Dienstag. „Wahlen sind Wahlen. Die Bürger entscheiden, und wir Politiker müssen mit dem Ergebnis umgehen.“
Bei FDP-Chef Christian Lindner klang das am Montag etwas anders. Beim Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart sagte er mit Blick auf Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz: „Wir brauchen nicht nur einen Kanzlerwechsel, wir brauchen einen Politikwechsel“. Diese Veränderung sei nur mit Schwarz-Gelb zu haben.
Scholz über Habecks Idee: „Etwas unausgegoren“
Und was ist mit dem dritten Gesicht der Ampel-Koalition, Robert Habeck? An dem übt Scholz im „Stern“ Kritik. Habeck hatte in einem Interview mit dem „Spiegel“ gefordert, die Verteidigungsausgaben auf 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu erhöhen.
„Die Idee erscheint mir etwas unausgegoren. Den Wehretat von knapp 80 Milliarden Euro auf 140 Milliarden Euro nochmals fast zu verdoppeln, ohne zu sagen, wofür das Geld aufgewendet werden und woher es kommen soll“, sagte der Bundeskanzler dem Magazin. „Wer zahlt die Zeche? Die Bürgerinnen und Bürger?“
Olaf Scholz: Bündnis mit BSW „schwer vorstellbar“
Zu einem möglichen Bündnis mit dem BSW sagte Scholz: Mit einer Partei, die die Nähe zu Russland suche und die Ukraine hängen lassen wolle, sei eine Koalition „schwer vorstellbar“. Mit der AfD werde es keinerlei Zusammenarbeit geben. „Für mich ist eins klar: Ich werde niemals eine Koalition mit der AfD eingehen“, fuhr der Kanzler fort.
Wenn Donald Trump am 20. Januar zum zweiten Mal US-Präsident wird, setzt der Kanzler auf ein gutes Miteinander zwischen Bundesregierung und US-Administration. In dem Gespräch mit dem „Stern“ verwies der SPD-Politiker auf den Anteil, den die USA bei der Rückkehr der Demokratie in Deutschland hatten – nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst im Westen und nach der friedlichen Revolution in Ostdeutschland im ganzen Land.
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„Dieses Fundament trägt, und es wird die transatlantischen Beziehungen noch lange tragen“, sagte Scholz. Jetzt gehe es darum, mit der neuen US-Regierung gut zusammenzuarbeiten. „Seit seiner Wahl habe ich bereits zwei Mal mit dem designierten Präsidenten Trump telefoniert, es waren ausgesprochen freundliche Gespräche“, stellte der Kanzler fest. Zur Amtseinführung in Washington sei nicht Scholz, sondern „wie in solchen Fällen üblich“ der deutsche Botschafter eingeladen.
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