Berlin. Eine aktuelle Umfrage zeigt: Die deutliche Mehrheit klagt über abnehmende Solidarität. Vor allem Wähler dreier Parteien äußern sich so.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnt vor einer Verrohung der Gesellschaft und beruft sich dabei auf eine von ihm in Auftrag gegebene repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey, die dieser Redaktion vorliegt. Rund 78 Prozent sind demnach der Auffassung, dass die Solidarität in der Gesellschaft in diesem Jahr abgenommen hat. Gerade einmal rund vier Prozent finden, dass sie zugenommen hat, der Rest hat keine Veränderung feststellen können.
„Die Ergebnisse unserer Umfrage sind erschreckend“, zeigte sich SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier alarmiert. Täglich würde der Verband in den Sozialberatungsstellen erleben, wie sehr Menschen unter wirtschaftlichen Unsicherheiten und sozialer Isolation litten. „Die Abnahme der Solidarität ist ein Symptom für eine zunehmende soziale Schieflage, die wir gemeinsam überwinden müssen“, sagte Engelmeier. Sie kritisierte, dass ihrer Meinung nach die Ärmsten der Gesellschaft gegeneinander ausgespielt werden würden: „Arm gegen ärmer, Asylsuchende gegen Niedriglohnarbeitende oder Bürgergeldbeziehende. Von dieser Dynamik profitieren besonders die Feinde der Demokratie und es schwindet das Vertrauen in die Politik.“
Vor allem Wähler von drei Parteien klagen über abnehmende Solidarität
Ein näherer Blick in die Daten zeigt, wer besonders über eine abnehmende Solidarität klagt: Frauen etwas stärker als Männer, Ostdeutsche stärker als Westdeutsche und in den Altersgruppen sind es vor allem die 50- bis 64-Jährigen, die finden, dass die gesellschaftliche Solidarität abgenommen hat, während die 30- bis 39-Jährigen noch am positivsten auf die Entwicklung blicken.
Geht es nach Parteipräferenz, dann empfinden vor allem Wählerinnen und Wähler der politischen Ränder die Gesellschaft als zunehmend unsolidarisch. 88,4 Prozent der BSW-Wähler gaben an, dass die Solidarität abgenommen habe, bei der AfD-Wählerschaft sind es 84,4 Prozent. Dahinter kommen allerdings auch schon die Wähler der Grünen, die mit 81,5 Prozent kaum minder kritisch auf die Entwicklung blicken.
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Sozialverbandschefin warnt vor Verrohung der Gesellschaft
SoVD-Chefin Engelmeier gibt der Politik eine Mitschuld an der Entwicklung. Es sei bedenklich, dass sich demokratische Parteien der Mitte immer häufiger an der populistischen und demokratieschädlichen Rhetorik an den politischen Rändern bedienen würden. „Dies führt zu einer Verrohung der Gesellschaft und der politischen Debatte.“ Es brauche dringend politische und gesellschaftliche Maßnahmen, um der abnehmenden Solidarität entgegenzuwirken. „Die Politik muss diese klaren Signale ernst nehmen“, forderte Engelmeier.
Für die Umfrage hatte Civey zwischen dem 18. und 20. Dezember 5004 Menschen in Deutschland online befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ gewichtet.
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