Berlin. Ein ehemaliger Funktionär der rechten FPÖ spendet der AfD eine kostenlose Kampagne. Erste Großplakate sollen schon stehen. Ist das legal?

Eine Spende in Millionenhöhe – und das wenige Wochen vor der Wahl. Die in Teilen rechtsextreme AfD profitiert erneut von einem großen Geschenk: 2.349.906,62 Euro sind es genau – die höchste in der Geschichte der Partei. Und die dritte Großspende in kurzer Zeit.

Das Geld kommt diesmal nicht aus Deutschland, sondern aus dem Ausland. Laut Bundestagsverwaltung steckt dahinter Gerhard Dingler, der ehemalige Landesgeschäftsführer der Vorarlberger FPÖ in Österreich. Auch die FPÖ ist eine Rechtsaußen-Partei, die Spitzen der beiden Parteien pflegen enge Kontakte.

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Meine schwerste Entscheidung

Dingler spendet laut Medienberichten das Geld nicht direkt – er knüpft es an eine Sachspende. Das bestätigt die AfD auf Nachfrage unserer Redaktion. Von den mehr als zwei Millionen Euro sollen nach Informationen unserer Redaktion insgesamt 6400 Großwandplakate für die AfD im Wahlkampf gedruckt und aufgestellt werden – sogenannte „1/18-Plakate“. Das erklärt auch den Preis von rund 360 Euro pro Plakat. Jede Stellwand soll für einige Tage aufgestellt werden.

Der Spender mache sich „große Sorgen vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges“

Erste Wände mit den Slogans stehen offenbar bereits, vor allem in Köln und Düsseldorf. In wenigen Tagen sollen die Plakate bundesweit an Straßen zu sehen sein. Zuerst hatten NDR und WDR über die Spende berichtet. Dingler hat demnach in einer Stellungnahme die Millionenspende selbst bestätigt. Auf Nachfrage, warum er so eine hohe Summe an die AfD gebe, erklärte er, dass er sich „große Sorgen vor einer weiteren Eskalation des Ukraine-Krieges“ mache. Dingler sehe die Gefahr, dass die künftige Regierung in Deutschland Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern könnte. Das wolle er verhindern, erklärte der Österreicher laut ORF.

„Der Spender hat einen externen Dienstleister aus Nordrhein-Westfalen damit beauftragt, insgesamt 6400 Großwandplakate aufzustellen“, sagte Bundesschatzmeister der AfD, Carsten Hütter, unserer Redaktion. Es sei „ein Rechtsgeschäft zwischen dem Spender und der ausführenden Agentur“. Der Spender habe die Plakate selbstständig entworfen, auch die Slogans, so Hütter, „und uns diese vorab zugesandt“. Mitsprache für die AfD habe es nur „bedingt“ gegeben.

„Wir haben uns zudem bestätigen lassen, dass es sich um private finanzielle Mittel des Herrn Dingler handelt“, hob Hütter hervor. „Auch die Slogans auf den Plakaten haben wir inhaltlich prüfen lassen.“ Es sei ihm wichtig gewesen, dass dort „keine strafrechtlich relevanten Inhalte“ verbreitet würden.

Investor Carsten Maschmeyer spendet 200.000 Euro an FDP, und 100.000 Euro an CDU

Auch laut Medienrecherchen stammt die Spende aus dem Privatvermögen Dinglers. Das ist erlaubt. Die „verfassungsrechtlich gewährleistete Betätigungsfreiheit“ der Parteien erfasst auch die Finanzierungsfreiheit, heißt es in einem Gutachten des Bundestags vom vergangenen Herbst. Auch die anderen Parteien erhalten gerade im Wahlkampf regelmäßig hohe Summen von Privatpersonen oder Unternehmen. So spendete etwa Investor Carsten Maschmeyer zuletzt 200.000 Euro an die FDP, und 100.000 Euro an die CDU.

Spenden aus dem Ausland eigentlich verboten – allerdings gilt eine Ausnahme für EU-Bürger, die auch privat Geld an deutsche Parteien geben. Ab 35.000 Euro muss das Geld in jedem Fall der Verwaltung gemeldet werden. Nach Angaben von „Abgeordnetenwatch“ liegt die AfD bei den Großspenden seit Jahresbeginn mit insgesamt fast fünf Millionen vor allen anderen Parteien. Die Organisation fordert, die Spenden an Parteien gesetzlich zu begrenzen. „Konzerne und reiche Privatpersonen erkaufen sich durch Großspenden Einfluss auf einzelne Parteien und beeinflussen Politik in ihrem Sinne“, heißt es in einem Text zu einer entsprechenden Petition. Großspenden würden die „Chancengleichheit“ unter den Parteien untergraben.

Sachsen, Riesa: Menschen demonstrieren gegen den Parteitag der AfD. Die Partei stellt nun erstmals eine eigene Kanzlerkandidatin auf.
Sachsen, Riesa: Menschen demonstrieren gegen den Parteitag der AfD. Die Partei stellt nun erstmals eine eigene Kanzlerkandidatin auf. © dpa | Jan Woitas

Für die AfD kann die kostenlose Kampagne in den letzten Wochen vor der Wahl ein Vorteil sein. Laut Umfragen sind viele Wählerinnen und Wähler bis kurz vor dem Urnengang noch unentschlossen. Große Werbeaktionen für eine Partei können durchaus noch Effekte erzielen, sagen Fachleute. Das Geld des Österreichers ist bereits die dritte Großspende an die AfD in wenigen Tagen, zuletzt hatte die Partei Überweisungen von 1,5 Millionen Euro und von 999.900 Euro gemeldet.

Gegen eine der Großspenden liegen Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft vor

Zugleich birgt die Spende des Österreichers ein Risiko. Die Partei macht sich abhängig von den Wünschen des Geldgebers, hat nur begrenzt Mitsprache bei der Kampagne – anders als bei parteieigenen Werbeaktionen. Nicht nur das: Bei jeder Großspende muss die Partei mit ihren begrenzten Mitteln prüfen, dass das Geld rechtmäßig an die AfD fließt. Sie muss die Hintergründe der Spenden prüfen, und da, wo sie das nicht kann, muss sie auf die Angaben der Geldgeber vertrauen.

Bereits vor einigen Jahren hatte ein Gericht die AfD zu hohen Strafzahlungen verurteilt. Der Grund: eine anonyme Spende aus der Schweiz an die AfD und Alice Weidel. Das verstieß laut Richter gegen das Parteiengesetz. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft Mühlhausen in Thüringen zu der Großspende über knapp eine Million Euro. Es liegen dort zwei Anzeigen vor wegen illegaler Parteienfinanzierung. Auf Nachfrage nennt die Staatsanwaltschaft keine Details. Bisher kann die AfD mit dem Geld arbeiten. In drei Wochen ist die Wahl.

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