Berlin. Die Kanzlerin will auf dem G 20-Gipfel Härte zeigen und sucht den Schulterschluss mit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy: Beide wollen die 20 wichtigsten Industriestaaten dazu bringen, ein weltweites System zur Begrenzung von Banker-Boni zu installieren.

Eigentlich müssten die Regisseure der Finanzmärkte als Lehre aus der globalen Krise Demut zeigen – und die Politiker beherzt handeln. Immerhin, ein so Marktgläubiger wie Obamas Nationaler Wirtschaftsberater Lawrence Summers räumt ein, der Glaube an die Selbstheilungskräfte des Marktes habe „einen tödlichen Stoß" erhalten. Die Finanzkrise, ausgelöst an den Kapitalmärkten und in den Börsensälen, ist für die deutsche Kanzlerin das Ergebnis „absoluter Gier und der Ablehnung aller Regeln".

Wohl auch deshalb hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy angeschlossen: Beide wollen noch vor der Bundestagswahl am 24. und 25. September in Pittsburgh die 20 wichtigsten Industriestaaten (G20) dazu bringen, ein weltweites System zur Begrenzung von Boni für Banker zu installieren. „Ärgerlich" sei es, sagt Merkel, dass bei den Bonuszahlungen fast genauso weitergemacht werde wie bisher. „Das fördert immer wieder das Risiko und deshalb müssen wir überlegen, wie wir da auch einschreiten können und das begrenzen können."

Das Casino ist wieder offen

In Pittsburgh ebenfalls auf der Agenda: ein besseres Risikomanagement, strengere Regulierung der Finanzmärkte, klarere Verantwortlichkeiten in den Führungsetagen.

Allein, dem Profil eines erneuerten, gemäßigten Kapitalismus sehen sich die wenigsten verpflichtet: Die „Wall Street hat nichts gelernt", umreißt das US-Magazin Forbes die Lage. „In der Finanzbranche gibt es Leute", pflichtet Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bei, „die den Knall nicht gehört haben".

Kein Jahr nach dem Crash der Lehman Brothers Investmentbank, der das Weltfinanzsystem der Kernschmelze nahe brachte, ist das Casino wieder offen und fährt gewaltige (Spekulations-)Gewinne ein. Zertifikate und Derivate mit hohem Risiko locken Anleger, die Kurse für Bankenanleihen schnellen in die Höhe, die Deckelung üppiger Boni-Zahlungen findet bislang nicht statt – als sei nichts geschehen.

Mit Geldern der Steuerzahler, die in ihrer großen Mehrheit nichts mit dem leichtfertigen Gezocke geldgieriger Banker und haltloser Spekulanten zu tun hatten, wurde der Kollaps des Weltfinanzsystems abgewendet. Riesige Schulden wurden so aufgetürmt.

Widerstand aus Großbritannien

Die Staaten retteten miserabel geführte Geldhäuser, indem sie Billionen an Liquidität über die Notenbanken in die Märkte schleusten. Die Banken gingen daraufhin zum Geschäfts-Alltag über. Die Staatsgelder garantieren ja billiges Geld und üppige Profite. Da sind weiter Leute am Werk, die jeglichen Bezug zur Realität verloren und bei vielen Menschen berechtigte Zweifel am System der Marktwirtschaft geschürt haben.

Unterstützung finden die Gierlöffel bei jenen Politikern im US-Kongress oder in London, die sich unter dem Einfluss einer strammen Lobby gegen eine harte Kontrolle der Rating-Agenturen stemmen, die wider den Handel mit hochriskanten Derivaten streiten, die sich gegen die geplante Aufsicht der Hedgefonds wehren.

Dass der Widerstand aus Großbritannien kommt, überrascht nicht. So präsentiert die dortige Bankenaufsicht jetzt einen aufgeweichten Kodex für Banker-Boni, die sie auf der Insel fat cats nennen, fette Katzen. Der Bankenplatz London kämpft gegen härtere EU-Regeln, er fürchtet um seine Wettbewerbsfähigkeit.

Merkel will beim Gipfel in Pittsburgh Härte zeigen und am liebsten eine Charta für nachhaltiges Wirtschaften zum „Exportschlager" machen. Die Begrenzung der Boni für Banker gehört dazu.

Doch bei den wirklich notwendigen Reformschritten bleibt Skepsis angesagt: Bislang vermochten sich die G 20 nur auf den Kampf gegen Steueroasen zu verständigen.