Berlin. Die Stadt liegt im Swing State Pennsylvania. Matt, 36, hat hier seine Stimme abgegeben. Für ihn ist die Wahl eine emotionale Sache.
Trump und die US-Wahlen haben in meiner Familie seit Jahren tiefe Gräben hinterlassen, die den Kontakt erschweren. Mein Cousin Matt (36) gehört zu den wenigen in der Familie, bei denen politische Ansichten nie zwischen uns standen. Dieses Jahr begleite ich Matt digital am Wahltag in Philadelphia, Pennsylvania, einem der entscheidenden Swing States. Wie die Stimmung ist und welche Hoffnungen und Sorgen er während dieses bedeutsamen Tages durchlebt.
Matt und seine Frau wählen bereits gegen 11.30 Uhr in einem Gemeindezentrum in ihrer Nachbarschaft – ein Ort mit Spielplatz und Gemeinschaftsraum. Schon bei der Ankunft spüren beide die Bedeutung des Tages. Die Atmosphäre ist lebhaft und fast schon feierlich, ein DJ sorgt im Rahmen der Initiative „DJs at the Polls“ für eine gute Stimmung im Wahllokal. „Es fühlt sich extrem optimistisch und hoffnungsvoll an“, erzählt Matt.
Die Wahlbeteiligung ist auffallend hoch, aber wie Matt sagt, bedeutet das nicht unbedingt etwas für das Ergebnis. Er wohnt in einer Demokraten-Hochburg von Philadelphia, in der viele Puertoricaner leben. Sein „I Voted“-Sticker ist auf Spanisch, und er bemerkt, dass auch ältere puertoricanische Nachbarn, die zuvor unentschlossen schienen, kürzlich Harris-Schilder aufgestellt haben – Matt vermutet, dass dies eine Reaktion auf die Kontroversen der letzten Woche rund um Trump waren.
US-Wahl 2024: Matt ist „auf angespannte Weise hoffnungsvoll“
Als ich ihn nach seiner Gefühlslage frage, beschreibt Matt sie als „auf angespannte Weise hoffnungsvoll“. Er sei eben doch Amerikaner und trage einen gewissen Optimismus in sich. „Ich bin mir der Herausforderung natürlich bewusst, aber heute entscheide ich mich, auf die Hoffnung zu setzen“, sagt er.
Am Vormittag hat Matt mehrere Videokonferenzen mit Kollegen, die stolz ihre „I Voted“-Sticker tragen – fast wie ein Symbol für bürgerliche Verantwortung und Zusammenhalt. Obwohl die meisten seiner Kollegen in LA und NYC politisch ähnlich eingestellt sind wie er, liegt eine gewisse Anspannung in der Luft, was die kommenden Tage bringen könnten.
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US-Wahl: Matt macht sich Sorgen um die Zukunft
Um 18.30 Uhr versucht Matt, seinen Kopf freizubekommen, indem er ins Fitnessstudio geht. „Ich zwinge mich, nicht in ein Rabbit Hole zu fallen und nur noch vor dem Fernseher zu sitzen“, sagt er. Er glaubt ohnehin nicht, dass es heute Abend (seiner Zeit) schon ein Ergebnis geben wird, und erinnert sich selbst daran, dass die amerikanischen Medien auf Unterhaltung ausgelegt sind: „Sie versuchen gerade, die Leute bei der Stange zu halten, mit Spekulationen und Mikroanalysen, damit keiner abschaltet.“
Matt erzählt, dass seine kleine Tochter ihn ablenkt und dass er sich später am Abend Interviews ansehen wird, um die Stimmen und Reaktionen der Menschen im Land zu hören – für ihn relevanter als die Spekulationen der Nachrichtensender. Noch fühlt er sich voller Energie und Hoffnung, aber die Anspannung ist deutlich zu spüren. Besonders Sorgen bereitet ihm die Frage, wie Trump auf das Wahlergebnis reagieren wird. „Ich muss herausfinden, wie mein Leben aussehen wird, falls er gewinnt“, sagt Matt. Es klingt, als würde er sich auf das Schlimmste vorbereiten.
US-Wahl: Ein Hauch von Ungewissheit
Um 22 Uhr US-Ostküstenzeit erzählt mir Matt, dass er nun doch die Nachrichten verfolgt und es wohl eine unruhige Nacht für ihn werden wird. Man merkt deutlich, dass er angespannter ist als noch am Morgen. Jedenfalls fällt es ihm jetzt schwerer, seine Anspannung zu verbergen: „Meine Hoffnungen für die nächsten vier Jahre sind abhängig vom Ergebnis. Ich hoffe, Amerika wacht endlich auf.“
„Ich gehe mit einem komischen Gefühl ins Bett. Natürlich mache ich mir große Sorgen, aber ich werde immer hoffnungsvoll und optimistisch bleiben“, sagt Matt bei unserem letzten Telefonat an diesem Abend.
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