Washington. Ex-Präsident schweigt nach Affront gegen US-Bürger in der Karibik. Puerto Ricaner in Swing States könnten ihm einen Denkzettel verpassen.

„Hey, Leute, der Witz war völlig daneben. Da gibt’s keinen Zweifel. Ich entschuldige mich auch im Namen von Tony Hinchcliffe bei allen Menschen von Puerto Rico. Ich liebe eure Insel. Und jetzt lasst uns bitte nach vorne schauen.” 

Der republikanische Funktionär, der gestern Morgen im „Wholefoods”-Supermarkt in Bethesda vor den Toren Washingtons gefragt wurde, wie Donald Trump aus dem von ihm mit zu verantwortenden Puerto Rico-Skandal während seiner Kundgebung im New Yorker Madison Square Garden am Sonntag wieder herauskommt, brauchte keine 20 Sekunden für den Lösungsvorschlag.

US-Wahl: Trump riskiert Wählerstimmen mit Puerto-Rico-Skandal

Aber nein. Als der Ex-Präsident und Präsidentschaftskandidat wenig später in Mar-a-Lago eine Pressekonferenz gab, fiel kein einziges Wort des Bedauerns über das, was Parteikollegen hinter vorgehaltener Hand „saudumm”, „völlig unnötig” und „fast selbstmörderisch“ nennen. Stattdessen sprach Trump von einem „absoluten Fest der Liebe”, das sich in der traditionsreichen Arena in Manhattan ereignet habe. Wirklich? 

Wenige Tage vor der Wahl hatte Team Trump es dem für gewöhnungsbedürftigen Humor einschlägig bekannten Comedian Tony Hinchcliffe durchgehen lassen, das US-Überseegebiet Puerto Rico als „schwimmende Müll-Insel”, deren Einwohner als überaus fortpflanzungsfreudig zu verunglimpfen und sie mit illegalen Einwanderern zu vergleichen. Seither brennt in der Latino-Community der Baum.

Republican presidential candidate Donald Trump holds a campaign rally
Beispiellose Rhetorik kurz vor der US-Wahl: Tony Hinchcliffe zog bei Trumps Abschlusskundgebung über Latinos her. © AFP | ANGELA WEISS

Dutzende Verbandsvertreter und Kongress-Abgeordnete mit Familiengeschichte auf dem Eiland fühlen sich gekränkt und verlangen eine Entschuldigung.

Droht Trump ein „heftiger Denkzettel“ von Puerto-Ricanern?

Andernfalls könne Trump gerade in jenen umkämpften Bundesstaaten mit hohem Latino-Anteil am 5. November ein „heftiger Denkzettel” drohen. Zum Beispiel in Pennsylvania, dessen 19 Wahlmänner-Stimmen Trump wie Kamala Harris benötigen, um den Weg ins Weiße Haus nehmen zu können. 

Westlich von Philadelphia etwa, in Reading, sind 70 Prozent der Einwohner Latinos. Bürgermeister Eddie Moran: „Der Müll, über den Hinchcliffe sprach, verschmutzt unsere Wahlen und bestätigt, wie wenig sich Donald Trump um die Latinos im Besonderen schert, um unsere puerto-ricanische Gemeinde.” 

Im gesamten Bundesstaat leben rund 350.000 Wahlberechtigte mit puerto-ricanischen Wurzeln, insgesamt fast eine Million Latinos. Sollte es bei der Wahl eng werden, danach sieht laut Umfragen aus, und nur ein Drittel davon aus Frust Trump abstrafen, wäre der Republikaner laut US-Medien „so gut wie geliefert”. 

Auf Puerto Rico selbst schlagen die Wellen besonders hoch

Bereits vor dem „Müll-Insel”-Aussetzer hatten Vertreter der Latino-Community Bedenken gegen Trump geäußert, der bereits 2016 mexikanische Einwanderer als „bad hombres” und Vergewaltiger bezeichnete hatte und vor Kurzem behauptete, in Springfield/Ohio würden Haitianer Hunde und Katzen essen. 

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Auf Puerto Rico selbst schlagen die Wellen erwartungsgemäß besonders hoch. Der katholische Erzbischof Roberto Gonzalez schrieb in einem Brief an Trump: „Es reicht nicht aus, dass sich Ihre Kampagne entschuldigt. Es ist wichtig, dass Sie sich persönlich für diese Äußerungen entschuldigen. Ángel Cintrón, der Präsident der Republikaner auf Puerto Rico, das bei US-Wahlen kein Wahlrecht besitzt, ergänzte: „Wenn Donald Trump sich nicht entschuldigt, werden wir nicht für ihn stimmen.“ 

Puerto Ricos größte Zeitung „El Nueva Dia” veröffentlichte am Dienstag demonstrativ ein Bild von Kamala Harris auf der Titelseite. Sängerin Jennifer Lopez, die puerto-ricanische Wurzeln hat, teilte mit, dass sie am Donnerstag mit Harris in Las Vegas auftreten werde – und Trump „hart angehen“ will für die Sprüche in New York.

„Wir warten wirklich auf eine Entschuldigung und Klarstellung“

Unterdessen ließen die Demokraten in Pennsylvania umgehend spanischsprachige Werbetafeln mit Trumps Gesicht neben einem Hinweis auf die rassistischen Hinchcliffe-Kommentare platzieren. 

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„Wir warten wirklich auf eine Entschuldigung und Klarstellung”, hieß es im „Centro Hispoano“ in Reading im Vorfeld einer Trump-Kundgebung am Dienstagabend im benachbarten Allentown – einer Hochburg der Puerto Ricaner in Pennsylvania. Dort sagt Bürgermeister Matt Türk: „Was auf der Kundgebung in New York passiert ist, könnte viele unserer Einwohner zu Kamala Harris treiben. Puerto Rico liegt ihnen am Herzen.”