Berlin. Russland soll Brandsätze in Flugzeuge installiert haben. Es hätte zur Katastrophe kommen können. In Polen kommt es zu ersten Festnahmen.

Im Juli wurden vier Brandsätze in der Luftfracht entdeckt, darunter beim DHL-Drehkreuz in Leipzig. Nun hat sich der Verdacht erhärtet, dass es sich um einen Sabotageakt handelte.

In Polen wurden vier Personen festgenommen. Sie werden wegen Beteiligung an Sabotage- oder Terroraktionen im Auftrag eines ausländischen Geheimdienstes angeklagt.

Zwei weitere Verdächtige werden noch europaweit gesucht. Zu Namen und Herkunft der Personen wurden keine Angaben gemacht.

Glücklicher Zufall: Flugzeug hatte Verspätung

Laut „Wall Street Journal“ gehen die Sicherheitsdienste davon aus, dass die Gruppe den Transfer für Pakete testen sollte. Aufgegeben wurden die „unkonventionellen Brandsätzen“, wie sie von den deutschen Nachrichtendiensten genannt werden, von Privatpersonen im Baltikum. Die angegebenen Adressen waren natürlich falsch. Die Endziele waren in den USA und Kanada.

Die Flugzeuge hätten in Flammen aufgehen, im schlimmsten Fall abstürzen können. Dass es nicht dazu kam, sei einem „glücklichen Zufall“ zu verdanken, erklärte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, Mitte im Oktober im Bundestag. Die Maschine hatte Verspätung. So brach das Feuer noch in Leipzig aus – nicht in der Luft. In der Folge brannte „nur“ ein Frachtcontainer aus

Der Verdacht fällt auf Russland. Schon im Sommer hat die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen. Das ist ein Hinweis darauf, dass die Straftaten gegen die Bundesrepublik gerichtet sein könnte. Das ist der Verdacht, der im Raum steht.

Zwei Erklärungsversuche

Die US-Zeitung verweist auf den Leiter des polnischen Auslandsgeheimdienstes, Pawel Szota. Er ist sich nach eigenen Worten nicht sicher, „ob sich die politischen Führer Russlands der Konsequenzen bewusst sind, wenn eines dieser Pakete explodiert und eine Massenkatastrophe verursacht“.

Der Verdacht ist so ungeheuerlich, dass erste Erklärungsversuche ungläubig, fast entschuldigend klingen. Es wird die Frage aufgeworfen, ob die Täter die Lizenz des Kremls hatten oder auf eigene Kappe handelten.

Zuletzt fiel den westlichen Diensten auf, dass Russland verstärkt Personen ohne geheimdienstlichen Hintergrund engagiere. Es geht mutmaßlich darum, Verunsicherung zu schüren. Fliegen die Akteure auf, ist die Spur nach Russland schwer zu verfolgen. Man nennt sie die „Low Level Agents“.

Die Sitten werden wilder

Der Leiter des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5, Ken McCallum, warnte davor, dass Russland gefährliche Aktionen zunehmend rücksichtsloser durchziehe. Das gilt im Zuge des Ukraine-Krieges insbesondere für den militärischen Geheimdienst, bekannt als GRU. Sein Kollege vom Auslandsnachrichtendienst MI6, Richard Moore, kommentierte trocken, die Sitten seien „etwas wild geworden sind“. Die Brandsätze in Flugzeugen sind ein Beispiel dafür.

Es ging um einen Flug aus Leipzig und um einen weiteren von Litauen nach Großbritannien, wobei die Fracht in Birmingham Feuer fing. Inzwischen haben die Ermittler die Vorgehensweise rekonstruiert. Transportiert wurden elektrische Massagegeräte, die mit einer brennbaren Substanz auf Magnesiumbasis präpariert waren.

Logistikbranche ist gewarnt

Den Ermittlern fielen die jeweils hohen Versandkosten auf, die „in einem wirtschaftlichen Missverhältnis zum Warenwert der Sendungen“ standen. Daraufhin haben die Behörden im August Unternehmen aus der Luftfahrt- und Logistikbranche gewarnt. So wurden die Vorfälle überhaupt erst publik.

Wenn sich Magnesium einmal entzündet hat, ist es schwierig, es mit üblichen Feuerlöschern zu bekämpfen. Die Piloten hätten umgehend notlanden müssen, um eine Katastrophe zu vermeiden.