San Francisco. Im Ukraine-Krieg soll die Zahl der Verluste eine Horrormarke erreicht haben: eine Million. Putin sucht mehr Soldaten – für den Fleischwolf.

Russland hat nach britischen Geheimdiensterkenntnissen im Ukraine-Krieg rund 610.000 Soldaten verloren. Tot, verwundet, verschollen. Das „Wall Street Journal“ schätzt die ukrainischen Verluste auf 480.000.

Die US-Zeitung beruft sich auf „vertrauliche ukrainische Schätzungen“. Demzufolge betrug schon Anfang des Jahres die Zahl der getöteten Soldaten 80.000, die der Verletzten 400.000. Damit wäre insgesamt eine bittere Signalmarke erreicht, die Millionen-Grenze.

Putin rekrutiert 1.000 Soldaten – jeden Tag

Es ist plausibel, dass die Russen größere Verluste zu tragen haben; der Angreifer strebt meist eine Überzahl an, geht dementsprechend das größere Risiko ein. Freilich hat Russland etwa viermal so viele Einwohner wie die Ukraine – sie leistet das ungleich größere Opfer.

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Beide Seiten legen keine Zahlen offen, jedenfalls keine realistischen. Und beide Seiten müssen irgendwie die Verluste kompensieren. Wie der britische Geheimdienst zuletzt auf X schrieb, kommt Kremlchef Wladimir Putin derzeit auf eine Quote von etwa 1.000 Rekruten pro Tag. Diese Rate war schon mal höher, 2023 betrug sie 1.600. Wird die Rekrutierungsbasis langsam ausgedünnt?

Putin scheut eine Mobilmachung

In dieser Woche hat Putin angekündigt, seine Streitkräfte insgesamt noch einmal aufzustocken, diesmal um 180.000 auf 1,5 Millionen Soldaten. Es war schon die dritte Ankündigung dieser Art seit Beginn des Krieges im Februar 2022. Der britische Geheimdienst geht in seinem jüngsten Bericht davon aus, dass die anhaltend hohen Verluste das Ziel infrage stellen.

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Putins Sprecher Dmitri Peskow begründete den Plan mit den Bedrohungen an den Grenzen, vor allem durch die Nato-Erweiterung. Dass Finnland und Schweden erst wegen des Ukraine-Krieges dem Bündnis beigetreten sind, blieb natürlich unerwähnt.

Für mehr Geld in den Fleischwolf?

Der wahrscheinliche Grund für die Rekrutierung ist, dass Russland die ständigen Verluste ausgleichen und seit Wochen auch an einer zweiten Front kämpfen muss: in Kursk. Berichten zufolge sind bis zu 38.000 Soldaten an einer Gegenoffensive beteiligt. Falls die Ukraine mit der Eroberung der russischen Grenzregion den Gegner zwingen wollte, Truppen aus der originären Front abzuziehen, so ging die Rechnung nicht wirklich auf.

Auf beiden Seiten mangelt es an Ausrüstung und Ausbildungsmöglichkeiten. Bei Russland ist die Gefahr besonders groß, dass Soldaten unvorbereitet in ein Himmelfahrtskommando gehen. Nüchtern analysiert der britische Geheimdienst, Taktiken, die auf massenhafte Wellen von Infanteristen basierten, „haben dazu geführt, dass Russland die Frontstreitkräfte kontinuierlich mit einem ständigen Strom von Rekruten auffüllen muss.“ Andere Leute sagen dazu: Fleischwolf.

Bisher scheut Putin eine Mobilmachung. Sie wäre unpopulär und eine dramatische Geste, die nicht zur Erzählung von der „militärischen Spezialoperation“ passt. Die Bestände kann er am ehesten mit höheren finanziellen Anreizen auffüllen, Sold und Prämien. Auch die Ukraine füllt ihre Reihen auf, so gut es geht. Viele Ukrainer haben ihr Land allerdings längst verlassen.

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