Washington. Angst vor dem Knast könnte Donald Trump zu einem „Deal“ mit Kamala Harris zwingen, meint ein ehemaliger Berater des Republikaners.

Wird Donald Trump seine Präsidentschaftskandidatur beenden, um eine Gefängnisstrafe zu verhindern? Nach seinem schwachen Auftritt bei dem Fernsehduell mit Vizepräsidentin Kamala Harris ist Trump in der Wählergunst weiter abgerutscht. Ein früherer Berater Trumps, der den Unternehmer seit über 25 Jahren gut kennt, kann sich vorstellen, dass der frühere Präsident das Handtuch werfen wird. 

 „Wartet nur ab, wenn seine Umfragewerte weiter sinken, dann wird er aussteigen“. Das sagt Anthony Scaramucci, der für kurze Zeit unter Trump Kommunikationschef im Weißen Haus war. Der Wall Street Finanzier argumentiert folgendermaßen: Wenn der ehemalige Präsident erkennt, dass er kaum Chancen hat, die Wahl zu gewinnen, dann werde er alle Register ziehen, um Urteilen in verschiedenen Strafprozessen einen Riegel vorzuschieben. 

Wie Scaramucci überzeugt ist, ist Trumps mit Abstand größte Sorge, hinter Gittern zu landen: „Zu häufig wird übersehen, dass darin die wahre Motivation für seine Kandidatur besteht“. Ihn würden nicht der Kampf gegen die Inflation, die Bedürfnisse der Mittelklasse, die er umwirbt, und schon gar nicht die Kriege in der Ukraine und Nahost interessieren. „ Er will seine eigene Haut retten, um das geht es hier“, sagt Scaramucci. In einer Serie von Gesprächen während der letzten Wochen hat der New Yorker erklärt, welches die Beweggründe sind, die Trump sein ganzes Leben lang motiviert haben. „Drei Dinge sind ihm wichtiger als alles andere“, erklärt Scaramucci. „Getrieben wird er von Geld, dem Streben nach Aufmerksamkeit und dem Erhalt seiner persönlichen Freiheit. Im Klartext: Er will um keinen Preis ins Gefängnis.“

Ein Deal mit Kamala Harris: Ein Ausweg für Trump?

Auch glaubt er zu wissen, wie Trump vorgehen könnte. „Wenn der Rückstand in den Umfragen zu groß wird, dann könnte er an Harris herantreten und versuchen, einen Deal abzuschließen“. Wie Scaramucci erklärt, könnte Trump der demokratischen Spitzenkandidatin anbieten, dass er freiwillig seine Kandidatur beendet. Im Gegenzug würde er verlangen, dass Harris, falls sie gegen einen anderen Republikaner dann gewinnt, nach ihrer Amtseinführung im kommenden Januar ihn begnadigt oder ihm zumindest Straffreiheit zusichert. 

Auf die Beweggründe für einen möglichen Ausstieg angesprochen, könnte Trump beispielsweise eine Krankheit vortäuschen. Denkbar wäre, dass er dann versuchen würde, Floridas Gouverneur Ron DeSantis oder die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley an die Spitze zu hieven. Trumps designierten Stellvertreter J.D. Vance räumt Scaramucci keine Chancen auf die Spitzenkandidatur ein. Er bezeichnet den Senator aus Ohio als „das größte Desaster in der Geschichte der US- Vizepräsidenten“.

Sprecherin: Scharfe Zurückweisung von Scaramuccis Prognose

Der frühere Berater des Republikaners räumt ein, dass viele seiner Prognose kaum Chancen geben. Eine Sprecherin der Trump-Kampagne sagte, dass „die Voraussagen eines Mannes, der etwa so lange im Weißen Haus war wie ein Schinken-Sandwich mit einem abgelaufenen Verfallsdatum, uns nicht interessieren“. Gleichwohl erinnert Scaramucci daran, dass er auch in der Vergangenheit durchaus richtig lag. „ Als ich beispielsweise voraussagte, dass Kamala Harris Präsident Biden als Spitzenkandidat bei den Demokraten ablösen würde, hat das auch niemand ernst genommen.“

Ob seine Voraussage zutrifft oder nicht, ist für Trump eine Realität nicht aus der Welt zu schaffen: In den Umfragen liegt er schon seit mehreren Wochen hinter der Demokratin und hat seit der Debatte am 10. September weiter Federn gelassen. Wie aus einer Wählerbefragung von Reuters-Ipsos hervorgeht, liegt Harris auf nationaler Ebene mit 47 zu Trumps 42 Prozent deutlicher in Führung als zu jedem Zeitpunkt seit Beginn ihrer Kandidatur. Und eine Niederlage könnte für den Republikaner verheerende Folgen haben, die über ein gekränktes Ego weit hinausgehen.

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Und mögliche Ergebnisse gibt es nur zwei: Sollte Trump am 5. November die Wahl gewinnen, dann könnte er tatsächlich einen Justizminister ernennen, der dafür Sorge trägt, dass sämtliche Straf- und Zivilverfahren gegen den neu gewählten Präsidenten sich in Luft auflösen. Falls der Republikaner aber gegen Harris unterliegt, dann würde sein Leben ganz anders aussehen.

Strafverfahren drohen: Trump könnte Gefängnisstrafen nicht entgehen

Schließlich hat er mehrere Prozesse am Hals, die von den zuständigen Richtern nur wegen des Wahlkampfs und der politischen Implikationen auf Eis gelegt wurden. So muss sich Trump in Florida wegen der illegalen Mitnahme geheimer Dokumente verantworten. Diese hatte er nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus mit nach Mar-a-Lago genommen und in seinem privaten Wohnsitz verstaut. In Florida hat die zuständige Richterin Aileen Canon, die Trump selbst ernannt hatte, bereits signalisiert, dass sie die Klage abweisen könnte.

Schwieriger gestaltet sich aber die Lage in Washington. Dort steht der ehemalige Präsident unter anderem wegen der Anzettelung des blutigen Aufstandes im Kapitol im Januar 2021 vor einem Bundesgericht.

Und in Georgia, wo er den zuständigen Minister in einem Telefonat gedrängt hatte, „ Finde mir noch die, die ich brauche“, wurde er wegen Wahlmanipulation angeklagt. Beide Prozesse könnten im Falle eines Schuldspruchs zu Gefängnisstrafen führen. Unterdessen hat Harris - lange Zeit als rabiate Staatsanwältin in San Francisco und dann für den Staat Kalifornien bekannt - in keiner Weise signalisiert, dass sie dazu neigen würde, in Trumps Fällen Gnade walten zu lassen.

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