Berlin. Wir leben in einem aufgewühlten Land. Es ist derzeit leicht, in Angst und Ratlosigkeit zu verfallen. Was wir nun gemeinsam tun müssen.

Diese Woche hat Deutschland erschüttert. Der islamistische Messeranschlag in Solingen mit drei Todesopfern ist dem Land ins Mark gefahren. Und sie ist noch nicht vorbei. Die Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen dürften Deutschland ebenfalls über den Wahlsonntag hinaus beschäftigen. Wir leben in einem aufgewühlten Land.

Die Tat von Solingen war ein Tropfen, der eine Welle ausgelöst hat. Im Eiltempo hat die Bundesregierung Maßnahmen beschlossen, um irreguläre Migration zu verringern, Messergewalt und Islamismus zu bekämpfen. Dass es so schnell ging, ist auch einer Stimmung in großen Teilen der Bevölkerung geschuldet, die CDU-Chef Friedrich Merz mit den beiden Worten „Es reicht“ vermutlich treffend wiedergegeben hat. Wohin diese Stimmung führt, wird sich am heutigen Sonntag an den Wahlergebnissen ablesen lassen.

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Die rechtspopulistische AfD wird starke Ergebnisse erzielen, ebenso die migrationskritische Wagenknecht-Partei BSW, die auf ein „law and order“-Image setzende CDU kommt gerade noch so davon. Die Ampel-Parteien hingegen werden hart abgestraft, wenn sich die letzten Umfragen so am Wahltag bestätigen.

Für die Unzufriedenheit mit der Migration, aber auch für hohe Preise oder für unsichere Zukunftsaussichten. Hinzu kommen die Alltagserfahrungen: Die Bahn, die nicht fährt. Die Schule, in der andauernd der Unterricht ausfällt. Die Pflegeeinrichtung, die heillos unterbesetzt ist. All das macht müde und sorgt für Frust.

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Eltern sind von großen Zweifeln geplagt: Schaffen wir es, unseren Kindern ein gutes Leben und eine friedliche Welt zu hinterlassen? Oder können wir nur den Abstieg übergeben?

Bei vielen Menschen ist das Vertrauen verloren gegangen, dass die Politik, der Staat, die herkömmlichen Parteien die Voraussetzungen dafür setzen, dass wir unseren Kindern guten Gewissens ein optimistisches Zukunftsversprechen geben können.

Populisten kommen an die Macht, ganze Gesellschaften zerstreiten sich

Kommentarfoto Jan Dörner
Jan Dörner ist Chefreporter Politik in der FUNKE Zentralredaktion. © Reto Klar | Reto Klar

Extreme Parteien, neue Parteien gewinnen an Zuspruch. Nicht nur bei uns, die Entwicklung lässt sich in vielen Ländern überall auf der Welt betrachten. Ganze Gesellschaften zerstreiten sich, Radikale und Populisten kommen an die Macht. Das führt nicht zum sofortigen politischen oder wirtschaftlichen Zusammenbruch.

Aber Tag für Tag werden diese Länder etwas schwächer, entfremden sich die Menschen ein bisschen mehr voneinander. Die drängenden Probleme werden nicht kleiner, sondern größer. Gemeinsames Anpacken wird zerquetscht von Gepöbel im Netz, Diskussion von Streit erstickt. Zuversicht weicht Gereiztheit.

Am Montag nach der Wahl werden die Parteien in Thüringen und Sachsen vor einer komplizierten Lage stehen. Mehrheiten werden aller Voraussicht nach nur möglich sein, wenn sich Parteien zusammentun, die allenfalls einen kleinen gemeinsamen Nenner finden. Das wird kompliziert werden, ebenso das gemeinsame Regieren. Der Streit in der Berliner Ampel-Koalition könnte dagegen geradezu harmonisch wirken.

Krieg, Klimawandel: Es ist derzeit leicht, Angst vor der Zukunft zu haben

Krieg in Europa, Klimawandel, Unsicherheit über die wirtschaftliche Stärke unseres Landes: Es ist derzeit leicht, in Zukunftsskepsis, Ratlosigkeit und sogar in Angst zu verfallen. Das gilt ebenso für Politiker, die allgemeine Nervosität ist angesichts der großen Herausforderungen auch bei ihnen zu spüren.

Ob in Parteien, Vereinen, Betrieben oder unter Nachbarn: Gemeinsam müssen wir Lösungen für unsere Probleme finden. Das wird fast nie einfach sein. Die Zeiten sind furchtbar anstrengend. Bewältigen können wir sie aber nur zusammen.