Düsseldorf.. Mal zu trocken, mal zu nass: Die Landwirte in NRW müssen eine schlechte Ernte nach der nächsten verkraften. Gibt es einen Ausweg?
Der Klimawandel und die Wetter-Kapriolen der vergangenen Monate bescheren NRW erneut eine schlechte Ernte. Bei einem der wichtigsten Getreideerzeugnisse – dem Winterweizen – ist es sogar die schlechteste Ernte seit 30 Jahren. Auch bei Roggen, Gerste und der Mischform Triticale lief es 2024 unterdurchschnittlich. Die Menge der geernteten Äpfel hat sich im Vergleich zum Vorjahr sogar halbiert.
Ministerin Gorißen: „Normale Jahre gibt‘s in der Landwirtschaft nicht mehr“
In manchen Jahren war es die Dürre, diesmal ist es der viele Regen, der Saat Wachstum und Ernte erschwert habe. „Wir können inzwischen nicht mehr von Normaljahren sprechen“, sagte NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) am Donnerstag im Landtag bei der Vorstellung der vorläufigen Erntebilanz. Der Klimawandel sei in der Landwirtschaft sehr deutlich spürbar, bestätigte der Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, Karl Werring.
Vorläufige Erntebilanz
Bei Winterweizen liegt der Durchschnittsertrag mit etwa 7,1 Tonnen pro Hektar unter den Ergebnissen der vergangenen 30 Jahre. Auch bei Roggen mit 5,8 Tonnen pro Hektar und Wintergerste mit 7,0 Tonnen pro Hektar waren die Erträge deutlich unterdurchschnittlich. Besser sieht es bei den Sommergetreiden aus: So konnte bei Hafer mit mehr als 5,5 Tonnen pro Hektar deutlich mehr als in den Vorjahren geerntet werden.
Auch die bisherige Kartoffelernte bleibt bisher deutlich hinter den Erwartungen zurück. Schlechte Pflanzbedingungen und der hohe Krankheitsdruck durch die Kraut- und Knollenfäule als Resultat der nassen Witterung haben zu teilweise hohen Ausfällen geführt.
Zusätzlich hat ein plötzlicher Kälteeinbruch in der letzten Aprilwoche für erhebliche Schäden im Obst- und Weinbau gesorgt. So hat sich beispielsweise nach ersten vorläufigen Schätzungen die Erntemenge bei den Äpfeln in NRW gegenüber dem Vorjahr nahezu halbiert.
Eine eher positive Ernte wird für die noch ausstehenden Kulturen erwartet: Mais, Zuckerrüben, späte Kartoffeln und auch das Grünland konnten von den Niederschlägen profitieren und präsentieren sich überwiegend in gutem Zustand, zum Teil aber mit regional erheblichen Unterschieden.
Das Schlimmste sei die zunehmende Unberechenbarkeit der Natur, der Wechsel von Wassermangel und Regen im Übermaß, was Feldfrüchte mal vertrocknen und mal verfaulen lasse. Zwischen guter und schlechter Ernte lägen manchmal nur wenige Kilometer. „Wenn es bei dem einen Landwirt fünf Millimeter regnet, fallen beim Nachbarn 60, 70 oder 80 Millimeter. Das gab es früher nicht. Da hat man vom normalen Landregen gesprochen, der alle gleich traf. Diese Unterschiede im kleinen Raum werden immer extremer, sagt Werring voraus.
Chef-Landwirt beruhigt: „Keiner braucht Angst haben, dass er nicht satt wird“
Befürchtungen, Brot, Obst und Gemüse könnten nun teurer werden, seien nicht angebracht, hieß es. „Keiner braucht Angst haben, dass er nicht satt wird“, sagte Werring. „Extreme Preisausbrüche nach oben“ hält auch Ministerin Gorißen für ausgeschlossen. Der Weizenpreis werde vom Weltmarkt diktiert, der von Obst und Gemüse maßgeblich vom Einzelhandel.
Gorißen und Werring dringen darauf, dass die EU und die Bundesregierung Landwirtinnen und Landwirte von „überflüssiger Bürokratie“ befreien. Sie müssten heute Daten einpflegen, auf die später kein Mensch mehr schaue. Strengere Vorschriften in Deutschland für Saat, Düngung und den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln als in anderen EU-Ländern passten nicht in diese Zeit und beschleunigten den Niedergang der heimischen Landwirtschaft. Dann müssten mehr landwirtschaftliche Produkte aus dem Ausland importiert werden. „Ein Bärendienst für die Umwelt und den Klimaschutz“, warnte die Ministerin.
Gehen die Bäuerinnen und Bauern bald wieder auf die Straße?
Die Bauernproteste seien zuletzt zwar verstummt, die Wut der Bäuerinnen und Bauern habe sich aber noch nicht gelegt und könne im Herbst wieder sichtbarer werden, betonte Werring. „Die Landwirte haben das Gefühl, dass ihre Forderungen nicht durchgekommen sind. Die Hilfen beim Agrardiesel werden in drei Jahren auf null zurückgefahren. Auch bei der Regelungswut, den Vorschriften in der Tierhaltung, bei Düngung und Pflanzenschutz ist die Bundesregierung nicht zurückgerudert.“
Detaillierte Erntezahlen finden Sie unter: https://www.it.nrw/system/files/media/document/file/265_24.pdf