Oberhausen. Die Getreideernte fällt wieder buchstäblich ins Wasser. Es sind aber nicht die schlechten Ergebnisse allein, die Landwirte in Not bringen.

Mit der Ernte sind Bauern wohl nie so recht zufrieden, die Ergebnisse könnten immer besser ausfallen. Doch die Klagen, die die Landwirte inzwischen führen, klingen recht dramatisch. Die Lage auf den Höfen verschärft sich. Im zweiten Jahr in Folge fällt die Getreideernte miserabel aus. Aber es sind nicht nur die geringeren Mengen, mit denen die Landwirte zu kämpfen haben. Die Preise, die Kornhäuser für Weizen & Co. an die Landwirte zahlen, sind in den Keller gerauscht.

Oberhausener Landwirt: Doppelt so viel Regen wie in früheren Jahren

Dass es mit dem Getreide auch dieses Jahr so schlecht lief, hat für Christoph Köster vor allem einen Grund: „Es hat einfach viel zu viel geregnet“. Die Menge an Niederschlägen war nach seinen Schätzungen von August 2023 bis heute doppelt so groß als in den Vergleichszeiträumen der Vorjahre. „Nasse Füße, um es zu veranschaulichen“, erklärt der Landwirt „schaden aber nun mal dem Getreide“. Die Pflanzen können sich nicht entsprechend entwickeln, es besteht die große Gefahr, dass sie schon vom Wurzelwerk her verfaulen. Durch den eher lehmigen Boden in der heimischen Region bedingt versickert der Regen nur ganz allmählich, somit bleibt das Erdreich viel zu feucht. Nachteilig wirkt sich die Nässe auch auf den Winterraps aus, eine weitere Ackerfrucht, die Köster anbaut. Auch hier muss er Einbußen hinnehmen. Die Verluste hier wie auch beim Roggen beziffert der Landwirt auf 25 bis 30 Prozent.

Landwirt Christoph Köster aus Oberhausen: Bis zu einem Drittel geringere Erträge bei der diesjährigen Getreideernte.
Landwirt Christoph Köster aus Oberhausen: Bis zu einem Drittel geringere Erträge bei der diesjährigen Getreideernte. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Von einer ähnlichen Größenordnung spricht auch Hermann Hagedorn, zu dessen Hof rund 60 Hektar Ackerfläche gehören und der ganz offen bekennt: „Es ist schon sehr deprimierend, wenn man auf die Ernte schaut“. Der Landwirt baut hauptsächlich Weizen an und hatte gehofft, dass nach dem verregneten Sommer im vergangenen Jahr bessere Zeiten anbrechen würden. Doch ihm erging es wie Köster: Schon früh zeichnete sich angesichts des anhaltenden Regens ab, dass wahrscheinlich die Ergebnisse deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben dürften.

Landwirte haben bittere Erinnerungen an die schlechte Ernte vom Vorjahr

Andreas Klappheck geht davon aus, dass die Verluste beim Weizen auf seinen vier Hektar, die ihm nach dem Emscherumbau geblieben sind, noch größer ausfallen als bei den Kollegen. Das Minus könne auch durchaus bei 40 Prozent liegen im Vergleich zu manchen anderen Jahren. Ihm sind wie den beiden anderen Landwirten noch die Bilder von 2023 vor Augen. Damals hatte es zur Erntezeit durchgehend wie aus Eimern geschüttet, die Bauern konnten mit den schweren Geräten nicht auf die Felder. Die Feuchtigkeit setzte den Pflanzen enorm zu, sodass sowohl die Erntemengen als auch die Qualität zu wünschen übrig ließen.

Mit ihrer Enttäuschung über die Getreideernte stehen die Oberhausener Landwirte aber längst nicht allein. Eine Umfrage der Fachzeitschrift „Agrarheute“ unter rund 1000 Landwirten ergab, dass ein großer Teil von ihnen unzufrieden ist. Sie beklagen zum einen die zurückgegangenen Mengen und zum anderen den unzureichenden Proteingehalt des Getreides. Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) rechnet nach aktueller Schätzung mit einer Getreideproduktion, die mit 39,1 Millionen Tonnen deutlich unter dem Vorjahr (42,6 Mio. Tonnen) liegt. Allein beim Weizen beträgt das Minus bundesweit bei zwölf Prozent und NRW allein betrachtet schrumpfen die Ergebnisse um 27 Prozent, der niedrigste Wert seit den 1990er Jahren, erklären die Landesstatistiker.

Bauern bekommen für ihr Getreide noch weniger Geld

Wenn nun die Bauern deutlich weniger Getreide von den Feldern holen, müssten sie aber eigentlich gutes Geld dafür bekommen. Die Gesetze des Marktes besagen schließlich, dass bei geringerem Angebot die Preise nach oben schnellen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die Preise fallen und fallen. Die Landwirte schildern einhellig, dass sich die Spirale nach unten immer weiter fortsetzt. Schon im vergangenen Jahr gab es für einen Doppelzentner Weizen nur noch rund 20 Euro, in Vorjahren mit 35 Euro fast das Doppelte. 2024 sind es wieder ein oder zwei Euro weniger. Hermann Hagedorn: „Wir sollen uns wie Unternehmer verhalten, aber unter solchen Voraussetzungen wird es immer schwieriger.“ Den sinkenden Einnahmen stehen wachsende Ausgaben für Energie, Personal und Material gegenüber. Weil Höfe ihre Existenz bedroht sehen, hatten bereits Anfang des Jahres bundesweit Bauern Protestzüge und Demos organisiert. Anlass waren Sparpläne der Ampel, Steuervorteile für den Agrardiesel zu kappen.

Auf die weiter in den Keller gerutschten Getreidepreise hat die Produktion in Deutschland aber nur begrenzten Einfluss, erklärt die Landwirtschaftskammer NRW. Es handele sich längst um einen globalen Markt, auf den wegen der guten Ernten steigende Angebote aus den USA, Kanada und dem Schwarzmeerraum (Russland und Ukraine) drängen. Durch den anhaltenden Krieg und die damit verbundene Blockade der Handelswege landet allerdings Getreide aus der Ukraine auf dem europäischen Binnenmarkt, was die Preise weiter beeinflusse.

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