Düsseldorf. Haben es Schülerinnen und Schüler und Lehrkräfte im nächsten Schuljahr leichter? Die Opposition im Landtag hat ernste Zweifel.
Kurz vor dem Beginn des neuen Schuljahrs hat die SPD-Opposition im Landtag vor einer „katastrophalen“ Lage in den NRW-Schulen gewarnt.
„In NRW fehlen immer noch 6000 Lehrkräfte, jede fünfte Unterrichtsstunde fällt aus, und fast 1000 Lehrkräfte haben im Jahr 2023 ihren Dienst quittiert“, sagte Dilek Engin, schulpolitische Sprecherin der SPD, am Dienstag im Landtag.
Die SPD schlägt unter anderem vor, den Numerus clausus (NC) auf das Lehramtsstudium grundsätzlich abzuschaffen. Vor allem in den Fächern Musik, Kunst, Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik müssten vermehrt Pädagogen zugelassen werden, die nur ein Fach unterrichten können.
Klappt der OGS-Ausbau? Opposition weist auf fehlendes Geld hin
Das Land NRW sei zudem unzureichend auf den im Schuljahr 2026/27 für Grundschulkinder beginnenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung (OGS) vorbereitet. Für dieses Jahr hatte die Landesregierung versprochen, Geld für 38.000 zusätzliche OGS-Plätze zur Verfügung zu stellen. „Mitte Juli wurden aber Mittel für gerade einmal 7.574 neuen Plätzen bewilligt“, sagte Engin mit Blick auf eine Antwort der Regierung auf eine SPD-Anfrage.
Das NRW-Schulministerium sieht sich dagegen beim OGS-Ausbau „auf Kurs“. Die 7.547 Plätze stellten lediglich einen „Zwischenstand der Anträge durch die Schulträger“ dar. Das Land ermögliche für das Schuljahr 2024/25 die Förderung von 430.500 OGS-Plätzen. Im vorherigen Schuljahr waren es knapp 393.000.
Das Verwaltungsgericht Münster hat zudem gerade erst in einem Urteil die Art und Weise, wie Lehrkräfte an Schulen mit Personalmangel abgeordnet werden, kritisiert.
NRW-Landesregierung informiert am Donnerstag über den Start ins Schuljahr
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) will am Donnerstag erklären, wie das Land ins neue Schuljahr startet. Zuletzt hatte sie erste Erfolge im Kampf gegen den Lehrkräftemangel beschrieben. So sollen zum Ende des vergangenen Schuljahrs etwa 7000 Menschen mehr gearbeitet haben als noch vor eineinhalb Jahren, als die Maßnahmen begannen. In dieser Zahl sind aber nicht nur Lehrkräfte enthalten, sondern zum Beispiel auch Sozialpädagogen, Schulpsychologen und Hilfskräfte.
Versagt die Schule beim Vermitteln demokratischer Werte?
Der Bochumer Sozialwissenschaftler Prof. Karim Fereidooni wirft vor dem Schuljahresbeginn dem NRW-Schulsystem vor, bei der Vermittlung demokratischer Werte zu versagen. „Das Fach Politik leidet darunter, dass es meist fachfremde Lehrkräfte unterrichten. Außerdem ist Zeit ein Problem. Die Lehrkräfte haben zum Beispiel keine Zeit dafür, Gedenkstättenfahrten ordentlich vor- und nachzubereiten und mit Kindern auch über aktuelle politische Ereignisse zu sprechen“, sagte Fereidooni im WAZ-Interview.
Viele Lehrerinnen und Lehrer würden sich zudem nicht trauen, konsequent einzuschreiten, wenn sich Schulkinder antisemitisch und rassistisch äußerten. „Es gibt eine große Unsicherheit unter Lehrkräften, ob sie überhaupt etwas Politisches sagen dürfen. Viele meinen, sie müssten neutral sein und gehen schwierigen Diskussionen aus dem Weg. Und das ist falsch.“ Lehrkräfte dürften zwar nicht für Parteien werben, aber sie müssten entschieden demokratisch auftreten, so der Forscher.