Düsseldorf. Der Rechtsanspruch auf Ganztag für Grundschüler naht. Nun erklärt Schwarz-Grün, wie das klappen soll - und enttäuscht dabei die Städte.
NRW hat wichtige Weichen gestellt, um den Rechtsanspruch von Grundschülern auf Ganztagsbetreuung ab August 2026 zu ermöglichen.
„Wir stellen deutlich mehr Geld für deutlich mehr Plätze zur Verfügung“, sagte NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) am Dienstag in der Staatskanzlei. Damit werde „Klarheit und Verlässlichkeit“ für die Eltern und für die Träger des Offenen Ganztags (OGS) geschaffen, erklärte NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne).
Ab dem kommenden Jahr soll die Zahl der OGS-Plätze von heute etwa 430.000 Schritt für Schritt erhöht werden, zunächst um 50.000. Zum Schuljahr 2028/29 sollen in NRW schließlich mehr als 600.000 OGS-Plätze zur Verfügung stehen. Dies genüge nach Berechnungen des Schulministeriums, um den Rechtsanspruch garantieren zu können. Ab 2027 werde NRW mehr als eine Milliarde Euro jährlich in den OGS-Ausbau stecken, heißt es.
Das in Aussicht gestellte Gesetz wird es nicht geben. Funktioniert der OGS-Ausbau über Erlasse?
Die schwarz-grüne Landesregierung verzichtet dabei allerdings auf ein von ihr selbst zunächst in Aussicht gestelltes Gesetz für den Ausbau der OGS-Betreuung. Stattdessen will sie die Ganztagsangebote für Grundschüler nur über Erlasse regeln. CDU und Grüne begründen dies damit, dass sie die OGS-Träger nicht mit Vorgaben überfordern wollten. Mit einem Gesetz, das Standards für Räume, Gruppengrößen, Mitarbeiterqualifikation, Personalschlüssel und Betreuungszeiten festschriebe, würde Eltern womöglich etwas versprochen, was am Ende gar nicht eingehalten werden könne.
Recht auf OGS-Betreuung: Die Zeit wird knapp
Vom 1. August 2026 an haben bundesweit alle neuen Grundschüler einen Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz. Ab 2029 ist die Nachmittagsbetreuung dann für alle Grundschul-Jahrgänge obligatorisch, wenn Eltern für ihre Kinder einen Platz wünschen. Bislang gingen viele Familien leer aus. Die Landesregierung hatte zuletzt das angekündigte Ausführungsgesetz zurückgestellt und lediglich „fachliche Grundlagen“ für den Nachmittagsbetrieb in den Grundschulen beschlossen. Dahinter steckt womöglich das Kalkül, keine Vorgaben zu schaffen, für die das Land finanziell aufkommen müsste.
Der Städtetag NRW und der Städte- und Gemeindebund NRW reagierten „tief enttäuscht“ auf die Absage an ein Landesgesetz und prüfen nun rechtliche Schritte. Die Städte befürchten, auf den Kosten und Risiken für den Ganztagsausbau sitzen zu bleiben. Das Geld, das der Bund und das Land NRW für den OGS-Ausbau bisher zur Verfügung stellten wollten, reiche bei Weitem nicht aus.
Empörte Städte fürchten um Ausbau des gebundenen Ganztags
„Das Land scheut angesichts leerer Kassen die finanzielle Verantwortung. Die Folgen wälzt es erneut auf die Kommunen ab“, kritisierten Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, und Christof Sommer, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes NRW. Die beiden Kommunalverbände bemängeln auch, dass NRW die Chance, den gebundenen Ganztag mit einer zielgerichteteren Bildung für Grundschüler auszubauen, nicht nutzen wolle.
SPD-Landtagsfraktionschef Jochen Ott kritisierte: „Der jetzt vorgelegte Erlass wird nichts daran ändern, dass es in NRW bei der OGS-Betreuung einen Flickenteppich an verschiedenen Qualitätsstandards und Gebührenordnungen geben wird.“ Der finanzielle Druck auf die Städte werde die Ungleichheit im Land weiter verschärfen.
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