Washington. Kamala Harris setzt auf Tim Walz als „Running Mate“ im Rennen ums Weiße Haus. Mit ihrer Wahl trifft sie Trump an seinem wunden Punkt.
Vance versus Walz: Das Duell der Vizekandiaten scheint gerade fast so wichtig wie der Zweikampf zwischen Kamala Harris und Donald Trump. Auf den ersten Blick treten hier zwei weiße Männer aus dem mittleren Westen gegeneinander an. Auf den zweiten Blick liegen Welten zwischen dem Republikaner J. D. Vance und dem Demokraten Tim Walz. Auf welche Faktoren es jetzt ankommt.
Vance & Walz: Beliebter Gouverneur contra erfolgreicher Bestsellerautor
Gemeinsam haben Tim Walz (60), demokratischer Gouverneur von Minnesota, und J. D. Vance (40), republikanischer Senator aus Ohio, lediglich, dass beide im Militär gedient haben. Walz war bei der Nationalgarde, Vance im US Marine Corps. Ansonsten ist der Lebensweg der Politiker höchst unterschiedlich. Walz arbeitete auf der Familienfarm und studierte an einer kleinen Universität Sozialwissenschaften.
Er registrierte sich bei der Nationalgarde, arbeitete 20 Jahre lang als Geschichtslehrer, in einem Indianerreservat und dann in China. Zudem war er ein erfolgreicher Highschool-Football-Coach. Der Gouverneur stieg erst mit Anfang 40 in die Politik ein. Zwölf Jahre lang vertrat er Minnesota im Repräsentantenhaus und ist seit 2019 Gouverneur. Er gilt als volkstümliche Frohnatur und zählt zu den beliebtesten Regierungschefs aller US-Staaten.
Der Republikaner verkörpert die klassische amerikanische Erfolgsgeschichte. Er wuchs im Südstaat Kentucky in einer Familie auf, die von häuslicher Gewalt und Drogenmissbrauch geprägt war. Um den Problemen in seinem Elternhaus zu entfliehen, siedelte er als junger Mann nach Ohio über. Vance bewarb sich beim Militär und ging später in die Tech-Industrie, wo er unter dem deutsch-amerikanischen Unternehmer Peter Thiel arbeitete. Vance ist der Autor der berühmten Autobiografie „Hillbilly Elegy“, die später verfilmt wurde. 2022 gewann Vance die Senatswahl und vertritt seit Januar 2023 seine Wahlheimat in der oberen Kammer des Kongresses.
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Trump und Harris: Werden die Vizes ihnen eher helfen oder schaden?
Wie Umfragen ergaben, ging Vance aus dem republikanischen Nominierungskonvent als der unbeliebteste Vizepräsidentschaftskandidat aller Zeiten hervor. Er vertritt die extrem konservativen Positionen von Trumps Maga-Bewegung. So ist der Senator ein Gegner von Abtreibungsrechten, leugnet den Klimawandel und will scharf gegen illegale Immigranten vorgehen. Das konsolidiert zwar Trumps Position bei seiner politischen Basis. Dem Ziel, die Stimmen moderater Wechselwähler zu gewinnen, läuft aber die Berufung von Vance als designierte Nummer zwei unter Trump zuwider.
Walz hingegen vertritt gemäßigte, sozialliberale Positionen. Er plädiert für striktere Waffengesetze, die aber trotzdem das Recht der Bürger schützen würden, Schusswaffen zu besitzen. Als Gouverneur hat Walz Abtreibungsrechte gesetzlich verankern lassen und dafür gesorgt, dass Kinder an öffentlichen Schulen Mahlzeiten umsonst erhalten. Er hat den Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober scharf verurteilt, plädiert aber für den humanitären Umgang mit Zivilisten in Gaza.
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Walz könnte Harris in den entscheidenden Swing States wichtige Schützenhilfe leisten. In seiner bodenständigen Art und seinem Lebenslauf erkennen sich viele Vertreter der Mittelklasse wieder. Folglich könnten bisher unentschlossene Wähler noch in das demokratische Lager wechseln. Auch hat Walz schon einen konkreten Beitrag geleistet, der sich in den sozialen Medien großer Beliebtheit erfreut. Er hat Trump nach seinen skurrilen Auftritten ebenso wie andere Republikaner schlichtweg als „weird“ (seltsam) verspottet.
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Vance oder Walz: Wer kontert besser die Attacken der Gegenseite?
Vance sagte, dass er seinen demokratischen Gegenspieler telefonisch erreichen wollte, um ihm zu gratulieren und „viel Spaß auf dieser Reise“ zu wünschen, er habe aber nur den Anrufbeantworter erreicht und eine Nachricht hinterlassen. Direkt gegenüberstehen könnten sich die Vizekandidaten bei einer Fernsehdebatte, deren Zeitpunkt aber noch nicht feststeht. Unterdessen hat der verbale Schlagabtausch schon begonnen. Vance nannte seinen Gegner einen „gefährlichen, liberalen Extremisten“. Das schüttelte Walz souverän ab und reagierte trocken: „Ja, ich bin ein richtiges Monster. Ich sorge dafür, dass Kinder in der Schule essen können, damit sie satt sind und eine gute Grundlage für die nächsten Unterrichtsstunden haben.“
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US-Wahl: Wie wichtig sind Vizepräsidentschaftskandidaten für den Wahlsieg?
Noch keine Nummer zwei in der Geschichte der USA hat eine Wahl allein entschieden. Sie können aber wichtige Segmente der Wählerschaft entweder für ihren Kandidaten gewinnen oder diese abstoßen. So erwies sich vor 16 Jahren Sarah Palin, die Gouverneurin von Alaska, mit ihren unvorhersehbaren Entgleisungen als politische Hypothek für den republikanischen Kandidaten John McCain. Im selben Jahr profitierte hingegen McCains Gegner Barack Obama davon, dass ihm der populäre und politisch routinierte Senator Joe Biden zur Seite stand.
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Offen ist die Frage, wie Vance und Walz als Vizepräsidenten wirken würden. In der jüngeren US-Geschichte gibt es unterschiedliche Varianten: So hatte Al Gore als Stellvertreter von Präsident Bill Clinton eine zentrale Rolle in der Umweltpolitik und bei der Förderung des Tech-Sektors. BIden unterstützte seinen Chef Obama als außenpolitischer Berater, insbesondere in Bezug auf die US-Strategie im Irak und Afghanistan. Der mächtigste Vizepräsident in der jüngeren Geschichte war aber die Nummer zwei hinter Präsident George W. Bush: Dick Cheney. Er galt als Drahtzieher hinter den Kulissen des Weißen Hauses und wurde von Kritikern spöttisch „Gehirn des Präsidenten“ genannt.
Als Stellvertreter von Donald Trump kam hingegen Vizepräsident Mike Pence kaum politische Bedeutung zu. Pence erwies sich über vier Jahre vorrangig als Trumps Handlanger und begann öffentliche Auftritte häufig mit den Worten „Auf Geheiß von Präsident Trump habe ich ...“.