Berlin. Ohne die USA als Schutzmacht hält die Ukraine nicht lange durch. Wie Selenskyj versucht, Trump in Stellung gegen Russland zu bringen.

Man sieht sich immer zweimal im Leben: Für Donald Trump (rechts) und Wolodymyr Selenskyj gilt dies allemal, wie dieses Foto aus dem Jahr 2019 dokumentiert.
Man sieht sich immer zweimal im Leben: Für Donald Trump (rechts) und Wolodymyr Selenskyj gilt dies allemal, wie dieses Foto aus dem Jahr 2019 dokumentiert. © DPA Images | Evan Vucci

Kaum hatten die Republikaner Donald Trump auf den Schild gehoben, meldete sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Telefon. Er habe „mit Präsident Trump“ ein persönliches Treffen vereinbart: Sie wollten die Schritte zu „einem gerechten und wirklich dauerhaften Frieden“ besprechen, teilte Selenskyj danach auf X mit.

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Der Mann aus Kiew weiß zu gut, dass Trump den Ukraine-Krieg beenden will. Den möglichen Gezeitenwechsel in den USA nahm er daheim schon vorweg, als er in einer Ansprache seine Bereitschaft zu Verhandlungen mit Russland beteuerte.

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Die Präsidentschaftswahl in Amerika findet am 5. November statt. Für denselben Monat strebt Selenskyj den nächsten Friedensgipfel an. Bis dahin will er einen neuerlichen Friedensplan vorlegen.

Anders als bei der letzten Konferenz in der Schweiz ist Kremlchef Wladimir Putin diesmal erwünscht: „Ich glaube, dass russische Vertreter an dem zweiten Gipfel teilnehmen sollten.“ Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte in einem im Onlinedienst Telegram veröffentlichten Interview: „Man muss erst einmal verstehen, was er (Selenskyj) damit meint“. Eine Totalabsage klingt anders.

Die Russen machen Druck

Nach monatelangen Kämpfen hat die Ukraine gerade am linken Dnipro-Ufer einen Brückenkopf aufgeben müssen. Auch im Osten und im Norden machen die Russen Geländegewinne. Sie rücken zwar langsam vor und nehmen hohe Verluste in Kauf, und doch steigt der Druck auf die Ukraine. Selenskyj weiß, dass er keine Bedingungen (russischer Rückzug) für Gespräche stellen kann; und es bedrohlich wird, wenn die amerikanische Militärhilfe ausbleiben sollte.

Drei Szenarien für den Ukraine-Krieg

Der ehemalige US-Botschafter in der Ukraine, John Herbst, sagte CNN, es sei plausibel, dass Selenskyjs auf die Ereignisse in den USA reagiere. Es gibt drei Szenarien.

  1. Die Demokraten gewinnen die Wahl und stellen weiter den Präsidenten. Dann wird die Unterstützung für die Ukraine wohl fortgesetzt.
  2. Trump gewinnt und überlässt die Ukraine ihrem Schicksal. Dann ist es fraglich, wie lange die europäischen Verbündeten den Verlust ausgleichen können. Für dieses Szenario steht Trumps Vize JD Vance. Er hatte erklärt, es sei ihm egal, was mit der Ukraine passiere
  3. Trump erkennt, dass eine Niederlage amerikanischen Interessen zuwiderläuft. Darauf kann Selenskyj nur hoffen und sich um den Schulterschluss mit dem Mann bemühen, der von sich behauptet, „der Welt Frieden zu bringen“. Trump gibt sich zuversichtlich, dass die Ukraine und Russland „in der Lage sein werden, zusammenzukommen und ein Abkommen auszuhandeln, das der Gewalt ein Ende setzt.“

Russen wie Ukrainer schauen die US-Wahl

Putin hat seine Bereitschaft zu Verhandlungen erklärt, allerdings zu schwer erträglichen Bedingungen: die Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja würde vollständig Russland zufallen. Es sind die Gebiete, die er in über zwei Jahren nicht vollständig erobern könnte.

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Der Ukraine fehlt das Potenzial für eine Gegenoffensive, aber sie kann noch lange Widerstand zu leisten. Umgekehrt hat Russland enorme Verluste zu tragen. So oder so: Der weitere Verlauf des Krieges hängt entscheidend vom Ausgang der US-Wahl ab.

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