Düsseldorf. Laut dem Städtetag NRW enthält eine Webseite der Finanzverwaltung irreführene Vorschläge für die Hebesätze der neuen Grundsteuer.

Nachdem der Landtag den Städten mehr Freiheiten bei der Ausgestaltung der neuen Grundsteuer gegeben hat, formiert sich neuer Widerstand in den Rathäusern.

Vorwurf: Zahlen des Landes beruhten auf vorläufigen Daten, die jetzt schon überholt seien

Der Städtetag NRW wirft dem NRW-Finanzministerium vor, den Kommunen „irreführende Daten“ zur Verfügung zu stellen. Die Finanzverwaltung zeigt auf ihrer Webseite, mit welchen Hebesätzen eine Stadt auch nach der Grundsteuerreform aufkommensneutral bleiben könne, also keine Verluste oder Gewinne erzielen würde. „Diese Zahlen stimmen aber nicht“, erklärt der Vorsitzende des Städtetages NRW, Thomas Eiskirch (SPD), gegenüber dieser Redaktion.

„Die Zahlen beruhen auf vorläufigen Daten, die jetzt schon überholt sind. Damit weckt das Land bei den Bürgerinnen und Bürgern völlig falsche Erwartungen“, meint Eiskirch.

Das Problem: Privateigentümer müssen sich auf eine satte Steuererhöhung einstellen

Weil die vielen erfolgreichen Einsprüche gegen die neue Grundsteuer die Daten laufend veränderten und die meisten Einsprüche bisher noch gar nicht abgearbeitet worden seien, entfernten sich die heute schon falschen Berechnungen der Finanzverwaltung immer weiter von der Wirklichkeit.

Der Hintergrund: Städte und Gemeinden können hierzulande künftig statt eines einheitlichen Grundsteuer-Hebesatzes auch unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Geschäftsimmobilien festlegen. Damit will Nordrhein-Westfalen eine übermäßige Belastung von Privateigentümern von Wohnimmobilien vermeiden. Die Kommunen können die Option nutzen, müssen aber nicht.

6,5 Millionen Grundstücke neu bewertet

Ab 1. Januar 2025 müssen Immobilienbesitzer die Grundsteuer nach einer grundlegend neuen Berechnung zahlen. Die Reform geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 2018 zurück, wonach die bisherige Bemessungsgrundlage in Deutschland verfassungswidrig ist. Allein in NRW müssen rund 6,5 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Die Grundsteuer ist mit einem Aufkommen von rund vier Milliarden Euro neben der Gewerbesteuer die wichtigste Einnahmequelle der Kommunen, mit der sie etwa Schulen, Kindergärten, Straßen und Spielplätze finanzieren. (dpa)

Der Widerstand aus den Rathäusern gegen „gesplittete Hebesätze“ bleibt groß. Städtetag NRW-Chef Eiskirch hält sie wie viele andere Rathauschefinnen und -chefs für überflüssig. „Jetzt kommt genau das, wovor wir immer gewarnt haben. Die Landesregierung trägt den Konflikt um die Grundsteuer in die Städte. Dabei hätte das Land problemlos dafür sorgen können, dass Wohngrundstücke durch die Grundsteuerreform nicht übermäßig belastet werden, indem es die Messzahlen anpasst. Sachsen, das Saarland und Berlin haben das so gemacht, das wäre in NRW auch möglich gewesen“, so der Bochumer Oberbürgermeister. Die in Promille angegebene Messzahl ist ein wichtiger Faktor zur Berechnung der Grundsteuer.

Städtetag NRW-Vorsitzender Thomas Eiskirch (SPD) wirft dem Land vor, die Städte ausgerechnet bei einer der wichtigsten kommunalen Steuern ins „rechtliche Risiko“ zu treiben.
Städtetag NRW-Vorsitzender Thomas Eiskirch (SPD) wirft dem Land vor, die Städte ausgerechnet bei einer der wichtigsten kommunalen Steuern ins „rechtliche Risiko“ zu treiben. © FUNKE Foto Services | Bernd Thissen

Gerät bald eine der wichtigsten kommunalen Steuern juristisch unter Druck?

Der Städtetag wirft dem Land vor, die Städte ausgerechnet bei einer der wichtigsten kommunalen Steuern ins „rechtliche Risiko“ zu treiben. Gesplittete Hebesätze seien womöglich nicht verfassungsfest. Die Städte brauchten die Grundsteuer, um etwa Kinderbetreuung, Schulen, den öffentlichen Nahverkehr, Kultur und Sportangebote zu finanzieren. Hier dürfe nichts schiefgehen. Falls doch, müsse das Land für den Schaden aufkommen, meint Eiskirch.

NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) schätzt die Lage völlig anders ein: „Mit dem Gesetz zu unterschiedlichen Hebesätzen stärken CDU und Grüne die kommunale Selbstverwaltung und gewähren den Städten und Gemeinden ein höchstmögliches Maß an Flexibilität.“

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