Düsseldorf. Keine Lockerung über Weihnachten und möglichst schnell ein harter Lockdown: NRW vollzieht eine brutale Kehrtwende. Das sind die Gründe.
- Der harte Corona-Lockdown für NRW soll kommen, wenn es nach NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) geht, sogar vor Weihnachten. Er fordert eine bundesweite Lösung.
- Zusammen mit seinem Stellvertreter und Familienminister Joachim Stamp hat sich Laschet zur aktuellen Corona-Entwicklung in NRW und dem harten Lockdown geäußert.
- Nach den Empfehlungen der Leopoldina soll das öffentliche Leben in ganz Deutschland vom 24. Dezember bis zum 10. Januar weitgehend ruhen. NRW fordert nun, den harten Lockdown bereits früher umzusetzen.
- Folgende Maßnahmen sollen im harten Corona-Lockdown gelten: Die Präsenzpflicht an den Schulen ist ab Montag aufgehoben. » Lesen Sie dazu: Corona und Schule: Präsenzpflicht in NRW vorerst aufgehoben
- Die Lockerungen an Weihnachten und Silvester sollen zurückgenommen werden. Bis zum 10. Januar sollen nur noch die Geschäfte des täglichen Bedarfs öffnen . Kita-Kinder sollten zwischen dem 14. Dezember und dem 10. Januar nicht in Kita gebracht werden.
Angesichts steigender Zahlen von Corona-Infektionen und -Todesopfern hat die schwarz-gelbe Landesregierung am Freitag eine drastische Kehrtwende in ihrer Bekämpfungsstrategie vollzogen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) machte sich für die sofortige Schließung fast aller Geschäfte, eine Rücknahme der geplanten Lockerungen von Kontaktbeschränkungen an Weihnachten und ein Ende des Präsenzunterrichts an den Schulen stark.
„Der Lockdown muss schnellstmöglich kommen“, sagte Laschet. Trotz der seit November bundesweit geltenden Corona-Maßnahmen stelle sich „Ernüchterung ein und eine große Sorge“, so Laschet. Nun sei „eine gesamtdeutsche Antwort“ nötig. Konkret beabsichtigt oder beschlossen wurden folgende weitergehenden Einschränkungen:
Corona-Lockdown in NRW: Diese Maßnahmen sind geplant
Handel: NRW will „schnellstmöglich“ alle Läden mit Ausnahmen von Geschäften des täglichen Bedarfs bis zum 10. Januar schließen. Ab wann das gilt, ließ Laschet offen. Er wolle sich über das Wochenende mit den anderen Bundesländern abstimmen, um einen „Wettbewerb“ der Handelsstandorte und „Hamsterkäufe“ zu verhindern. In den Innenstädten wird wegen der ungewissen Lage an diesem Samstag ein erheblicher Kundenansturm erwartet. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat bereits verschärfte Kontrollen der aktuell geltenden Corona-Regeln angekündigt.
Weihnachten/Silvester: Laschet will die geplanten Lockerungen bei den Kontaktbeschränkungen an den Feiertagen zurücknehmen. An Weihnachten und dann bis zum 10. Januar sollen sich nur noch maximal fünf Personen aus zwei Haushalten in der Öffentlichkeit treffen dürfen. Wieviele Verwandte sich in Privatwohnungen besuchen, soll aber wohl weiterhin nicht vom Staat kontrolliert werden. Ein Beschluss der Kontaktbeschränkungen soll bei einer Bund-Länder-Telefonschalte fallen. Größere Silvesterfeiern werden nicht genehmigt.
Corona in NRW: Kita-Kinder sollen zu Hause bleiben
Schule: Schon ab Montag muss niemand mehr seine Kinder in die Schule schicken. Das hat das Land bereits im Alleingang entschieden. Ab Klasse acht wird der Unterricht grundsätzlich nicht mehr im Klassenzimmer erteilt, sondern auf Distanz. Die Schulen bleiben dennoch bis zum 18. Dezember geöffnet für Schüler der Klassen 1 bis 7 sowie Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf. Die Eltern können aber entscheiden, ihre Töchter und Söhne nicht zur Schule zu schicken. „Ich gehe davon aus, dass das sehr viele Eltern machen werden“, sagte Laschet. Somit wären Abstände für den Infektionsschutz viel leichter einzuhalten. Die Schulferien beginnen offiziell bereits am 18. Dezember und enden erst am 10. Januar.
Baustein: Corona-Chaos an Schulen
Kitas: Kindergartenkinder sollten möglichst zwischen dem 14. Dezember und dem 10. Januar nicht in die Kita gebracht werden. Familienminister Joachim Stamp (FDP) appellierte an alle Eltern, das Angebot nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig sei und ihre Kinder ansonsten möglichst zu Hause zu lassen. Grundsätzlich bleiben die Einrichtungen aber offen.
Vor allem der Kurswechsel der Landesregierung im Schulbereich hat Verwunderung ausgelöst. Noch im Laufe der Woche hatte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) ein unbedingtes Festhalten am Präsenzunterricht signalisiert. Seit Wochen wird erbittert zwischen Land, Schulen und Kommunen über Klassenteilung, Digitalunterricht und Wechselmodelle gestritten. Die Lehrerverbände begrüßte zwar in der Sache die neueste Entscheidung der Landesregierung. Die Gewerkschaft „lehrer nrw“ sprach jedoch von einem „kommunikativen Desaster“.
Die SPD-Opposition forderte den Rücktritt Gebauers: „Das Chaos an den Schulen wurde heute auf die Spitze getrieben. Monatelang hat es die Regierung Laschet versäumt, gemeinsam mit allen Beteiligten Lösungen zu erarbeiten, um Gesundheitsschutz und Bildungsgerechtigkeit unter einen Hut zu bekommen.“ (mit dpa)
Corona-Lockdown in NRW: So haben wir im Laufe des Tages berichtet
„Wir müssen so schnell wie möglich handeln“, erklärte NRW-Ministerpräsident Laschet am Freitag. „Der Lockdown muss schnellstmöglich kommen“. Und zwar nicht nur in NRW, sondern in allen Bundesländern, forderte Laschet. Bis zum 10. Januar sollen alle Geschäfte, neben denen des täglichen Bedarfs, schließen. Die Lockerungen an Weihnachten sollen zurückgenommen werden: Nur noch zwei Hausstände und maximal fünf Personen sollen erlaubt sein. An Silvester soll es keine Versammlung an öffentlichen Plätzen geben. Auch am 31. Dezember sollen sich nicht mehr als zwei Hausstände treffen dürfen.
Die Präsenzpflicht an den Schulen wird ab Montag aufgehoben. Schüler der unteren Stufen können und sollen dann von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen, ältere Schüler ab Klasse acht werden auf Distanz unterrichtet. Die Schulferien werden um zwei Tage verlängert. Der Unterricht würde dann erst am 11. Januar wieder beginnen.
Kindergartenkinder sollten möglichst zwischen dem 14. Dezember und dem 10. Januar nicht in die Kita gebracht werden. NRW-Familienminister Joachim Stamp appellierte an die Eltern, das Angebot nur zu nutzen, wenn es absolut notwendig sei und ihre Kinder ansonsten möglichst zu Hause zu lassen.
Corona-Lockdown: Unter Ministerpräsidenten "große Einigkeit"
Ziel muss es „diese Woche erste Maßnahmen zu treffen“, erklärte Laschet. Schnellstmöglich soll eine neue Runde der Ministerpräsidenten und Minterpräsidentinnen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stattfinden. „Besser am Samstag als am Sonntag“. Deutschlandweit und unter den anderen Regierungschefs gebe es laut Laschet mit Blick auf einen harten Lockdown große Einigkeit.
Nach dem "Lockdown Light" könne Laschet kein positives Fazit ziehen. Zwar sei das exponentielle Wachstum gebrochen worden, "mit Blick auf die aktuellen Zahlen macht sich aber Ernüchterung breit", sagte der NRW-Ministerpräsident. Deutschlandweit wurden 30.000 Neuinfektionen gemeldet. "Wir brauchen eine echte Trendwende", forderte Laschet.
Corona-Lockdown in NRW: Laschet will mehr als „Jahreswechsel-Lockdown“
Vor wenigen Tagen sprach sich Ministerpräsident Laschet noch für einen „Jahreswechsel-Lockdown“ aus. „Von Weihnachten bis zum Ende der Ferien im neuen Jahr kann das Land am ehesten komplett heruntergefahren und so die Ausbreitung der Pandemie effektiv gestoppt werden“, warb Laschet für seinen Vorschlag.
„Zugleich halten wir in diesen Wochen die Schäden für Bildungschancen von Kindern sowie für Wirtschaft und Arbeitsplätze so gering wie in keiner anderen Zeit des Jahres.“ Die aktuelle Forderung des NRW-Ministerpräsident geht nun über den "Jahreswechsel-Lockdown" hinaus.
Die Corona-Pandemie in NRW: Hier gibt es weitere Informationen
- Im Kreis Lippe ist eine Ausgangssperre im Gespräch. Der Kreis hat derzeit die höchste 7-Tages-Inzidenz unter Großstädten und Kreisen in NRW.
- Rund 200.000 Menschen arbeiten bei den Caritas-Einrichtungen in NRW. Sie sollen nun doch bis spätestens im Juni eine Corona-Prämie erhalten.
- Viele NRW-Städte wollen die Klassen teilen, um die Abstände zwischen den Schülern zu vergrößern. Doch das Land sperrt sich einem generellen Okay.
- Risikopatienten sollen noch im Dezember kostenfreie Schutzmasken in den Apotheken erhalten. Apotheker bremsen Erwartungen.
- Viele der rund 10.500 Kitas in NRW mussten im Laufe des Novembers mindestens teilweise schließen, 665 sogar komplett.
Corona-Lockdown in NRW: Andere Ministerpräsidenten sprechen sich für härtere Maßnahmen aus
Auch andere Ministerpräsidenten hatten sich für härtere Maßnahmen über die Feiertage ausgesprochen. Laschet warb für eine „gemeinsame deutsche Antwort“ auf die steigenden Zahlen. Alleingänge von Ländern in dieser Phase seien falsch. Wann die Ministerpräsidenten erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Beratungen über mögliche Verschärfungen zusammenkommen, blieb zunächst unklar. (mit dpa)
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