Düsseldorf. Vize-Regierungschef Joachim Stamp (FDP) warnt vor „Schnellschüssen“ und kritisiert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU).

Nachdem Bayern am Wochenende mit einer Verschärfung des Mini-Lockdowns vorpreschte, reagieren auch andere Bundesländer mit härteren Regeln auf die anhaltend hohen Infektionszahlen. Das bevölkerungsstärkste Bundesland NRW aber will lieber noch abwarten und vorerst keine Entscheidungen treffen. Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) warnte am Dienstag vor „Schnellschüssen“. Die Politik müsse vor den Bürgern Verlässlichkeit ausstrahlen und dürfe Beschlüsse nicht nach wenigen Tagen „wieder über den Haufen werfen“.

Stellvertretender Regierungschef: "In Bayern sind die Infektionszahlen dramatischer als in NRW"

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Stamp kritisierte den Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), der unter anderem Wechselunterricht und Ausgangssperren in Hotspots sowie einen Verzicht auf Lockerungen an Silvester durchgesetzt hat. „Ich bezweifele, dass dieses Höher, Schneller, Weiter von Söder hilfreich ist“, sagte der Liberale. Die Infektionszahlen in Bayern seien dramatischer als in NRW. Daher könne die Politik hierzulande „in Ruhe abwägen, was geeignet ist“, um das Virus zu bekämpfen.

Stamp hält es allerdings für denkbar, dass auch in NRW zum Jahresende härtere Kontaktbeschränkungen gelten könnten als bisher vorgesehen. „Wenn es einen Zeitraum gibt, der für weitere Maßnahmen geeignet ist, dann ist es die Winterpause.“ NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hatte am Vortag eine Regelverschärfung ausdrücklich nicht ausgeschlossen.

Sachsen und Baden-Württemberg reagieren

Sachsen fährt wegen der vielen Infektionen dort das öffentliche Leben in Kürze weiter herunter: Schulen, Kitas und viele Geschäfte werden ab Montag bis zum 10. Januar geschlossen. Baden-Württemberg verbietet den Alkoholausschank unter freiem Himmel und denkt über „drastische Maßnahmen“ in Corona-Hotspots nach. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) will noch abwarten, hält aber Regelverschärfungen für möglich.

Die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina riet zu einer drastische Verschärfung der Corona-Beschränkungen mit Geschäftsschließungen und Aufhebung der Schulpflicht bereits ab kommender Woche bis mindestens 10. Januar. Die Feiertage und der Jahreswechsel sollten für einen „harten Lockdown“ genutzt werden.

Am Dienstag registrierte das Robert-Koch-Institut (RKI) 14.054 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden in Deutschland. Das waren 450 mehr als eine Woche davor. In NRW gab es 3489 nachgewiesene Neuinfektionen. Die Zahl der Corona-Toten stieg hier um 110 auf 4064. Als „Hotspots“ gelten der Kreis Lippe, Hagen, Wuppertal, Duisburg, Bielefeld, Mülheim und Solingen. (mit dpa)