Düsseldorf. Karneval, Weihnachtsmarkt, Fußball? Der Ruf nach strengeren Regeln wie 2G wird lauter. Sogar über ein Komplettverbot wird nachgedacht.

Düsseldorf. Die Bilder von sorglos feiernden Jecken im Rheinland und die vielen Corona-Neuinfektionen lösen in NRW eine Diskussion über strengere Regeln für Großveranstaltungen im Freien aus. Zum Beispiel für Weihnachtsmärkte, Fußballstadien und Karnevalsfeiern.

Was ist derzeit erlaubt?

Kirmessen, Weihnachtsmärkte und andere Großveranstaltungen im Freien sind in NRW möglich. Bei mehr als 2500 Besuchern dürfen nur Geimpfte, Genesene oder Getestete teilnehmen (3G), und das muss auch kontrolliert werden. Bei sehr großen Stadtfesten dürfen es aber auch „stichprobenartige Kontrollen“ sein. Das Tragen der Maske wird nur empfohlen.

Der Karnevalsauftakt am 11. November und große Feste wie die Allerheiligenkirmes in Soest waren demnach möglich, sorgten aber für kritische Nachfragen, ob solche Formate in einer Zeit dramatisch steigender Inzidenzwerte angemessen sind.

Was plant die Landesregierung?

Sie prüft 2G im Freizeitbereich (Zugang nur für Geimpfte und Genesene) , ist im Grundsatz auch dafür -- zumindest die CDU -- möchte aber offenbar abwarten, ob Bund und Länder bei ihrer Konferenz am Donnerstag ein einheitliches Vorgehen verabreden.

Das NRW-Gesundheitsministerium teilte auf Nachfrage mit, dass „weitere Einschränkungen für nicht geimpfte Personen aufgrund des Infektionsgeschehens nicht ausgeschlossen werden können“.

Bei den Karnevalsveranstaltungen in Köln habe 2G gegolten, betonte das Ministerium. Stadt und Veranstalter dort hätten insgesamt einen guten Job gemacht. Es sei auch besser, wenn Menschen draußen unter strengen Hygiene- und Zugangsregeln feierten statt im „nicht geregelten Privatbereich“.

Noch etwas betont das Ministerium: Ein Verbot der Veranstaltungen auch für Geimpfte wäre rechtlich nicht verhältnismäßig und daher nicht zulässig gewesen. Mit der Impfung sei den Menschen auch die Rückkehr zu einem normaleren Leben versprochen worden. Ein Verbot von Veranstaltungen etwa rund um Karneval, St. Martin, Weihnachten, Sport und Kultur könne für viele Bürgerinnen und Bürger „Fragen nach dem Nutzen einer Impfung aufwerfen“.

Was sagt die Opposition?

„Wenn überhaupt, lassen sich Veranstaltungen mit vielen Menschen nur mit klaren Regeln relativ sicher halten. Wollen wir beispielsweise Weihnachtsmärkte in den kommenden Wochen zu einigermaßen sicheren Orten machen, geht das nur mit 2G, besser noch 2G+“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur dieser Redaktion. 2G+ bedeutet, dass auch Geimpfte und Genesene einen aktuellen Test benötigen.

Die Grünen dringen auf landesweit einheitliche Regeln. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) stünden alle Möglichkeiten zur Verfügung und müsse diese nutzen, so Neubaur. Er sei nicht nötig, auf eine Ministerpräsidentenkonferenz zu warten.

NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty erklärte: „An der konsequenten Umsetzung einer 2G-Regel für größere Veranstaltungen führt in dieser Phase jetzt kein Weg mehr vorbei.“ Hendrik Wüst solle hier keine Zeit mehr verlieren und „endlich handeln“. Mindestens genauso wichtig sei auch die Ausweitung der Kontrollmöglichkeiten und -methoden.

Kutschaty: „Ich wundere mich sehr, wie viele Leute den QR-Code des Impfnachweises offenbar mit bloßen Augen entschlüsseln können. Keine Großveranstaltung sollte in der jetzigen Phase ohne entsprechende Scan-Verfahren durchgeführt werden.“

Was sagen Mediziner und Forscher?

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Hans-Albert Gehle, sagt: „Wir sind fast in einer schlimmeren Lage als zu Beginn der Pandemie. Große Veranstaltungen draußen sind nur noch vertretbar mit 2G, besser mit 2G+.“ Dies müsse bundesweit gelten. Außerdem sollten alle Veranstaltungs-Teilnehmer Masken tragen sowie die Abstände einhalten.

„Wenn die Menschen konsequent Masken tragen würden, kämen wir wohl mit 2G oder 2Gplus über den Winter. Leider sehen wir, dass sich zum Beispiel in Fußballstadien kaum jemand ans Maskentragen hält“, sagte der Arzt weiter. Die Bereitschaft, Maske zu tragen, sinke leider generell. Wichtig sei auch die konsequente Kontrolle: „Man kann einen kleinen Weihnachtsmarkt vernünftig kontrollieren, einen großen aber nicht.“

Sollten die Infektionszahlen noch weiter deutlich steigen, dann werde man darüber reden müssen, „auf Großveranstaltungen ganz zu verzichten“, erklärte Gehle. Zumindest müsse über neue Obergrenzen nachgedacht werden: „In Fußballstadien darf es nur noch 2G geben, und jeder Zuschauer muss einen Meter Platz neben sich haben und eine Maske tragen.“

Das Robert-Koch-Institut (RKI) sprach sich dafür aus, die Besucherzahl bei Großveranstaltungen einzuschränken oder sie ganz abzusagen. Es sei „fünf nach zwölf“.

Welchen Standpunkt vertreten Städte?

"Die Entwicklung der Infektionszahlen in NRW macht den Kommunen Sorge. Auch weil sie viel Zeit und Sorgfalt in den sicheren Ablauf der Weihnachtsmärkte investiert haben“, erklärte Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW und Bürgermeister von Soest Je nach Entwicklung der Lage würden die Kommunen ihre Auflagen nachschärfen. „Wir bauen darauf, dass Bund und Länder sich am kommenden Donnerstag auf einheitliche Kriterien verständigen. Das wäre für die Kommunen eine große Hilfe."

Der Leiter des Krisenstabes Düsseldorf, Burkhard Hintzsche, setzt darauf, dass bei Großveranstaltungen im Freien, zum Beispiel auch beim Fußball, möglichst bundesweit 2G -- zusammen mit Abstands- und Hygieneregeln -- gelten sollte. Es sei noch nicht klar, ob die Kapazitäten, zum Beispiel im Karneval, eingeschränkt werden müssten. Die Stadt werde zeitnah analysieren, welche Folgen der Karnevalsauftakt dort hatte.