Essen. Am Sonntag ist es wieder soweit. Die Uhren werden auf Winterzeit umgestellt. Wenn es nach dem Willen der FDP geht, könnte es die vorletzte Zeitumstellung sein. Denn die Liberalen wollen einen neuen Anlauf nehmen, die Sommerzeit zur Normalzeit zu machen. Sie finden dafür viele Unterstützer.

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Mit der neuen schwarz-gelben Regierung könnte auch das Ende der Zeitumstellung besiegelt sein. Jedenfalls wenn es nach der FDP geht. Diese will offensichtlich einen neuen Anlauf nehmen, das Drehen an der Uhr zu kippen.

FDP-Expertin Gudrun Kopp kündigte in mehreren Medien an, dass sich die künftige Bundesregierung im Frühjahr mit dem Thema beschäftigen werde. Ein Ende des Drehens an der Uhr «würde ruckzuck zu sehr viel Bürokratieabbau beitragen», so Kopps. Die FDP will demnach die Sommerzeit zur "Normalzeit" machen.

Es wäre nicht der erste Vorstoß der Liberalen: Am 11. März 2008 brachte die FDP-Fraktion im Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Technologie einen Entschließungsantrag ein, in dem die Große Koalition aufgefordert wurde, sich für eine Abschaffung der Zeitumstellung und für die Einführung einer EU-weit einheitlichen Zeitregelung auf der Grundlage der heutigen Sommerzeit einzusetzen. Der Antrag wurde abgelehnt.

Vielstimmige Kritik an der Sommerzeit

Die FDP ist jedoch nicht die einzige Kritikerin der Sommerzeit. "Sommerzeit ist Unrecht!» heißt es etwa auf der Internetseite der «Initiative Sonnenzeit» zur Abschaffung der Sommerzeit. Die Gegner der 1980 in Deutschland eingeführten Zeitumstellung sehen diese als Eingriff in ihr Privatleben an, mit dem die EU «Macht und Einfluss über den Tagesablauf von Millionen Menschen» besitze, wie es auf initiative-sonnenzeit.de heißt. «Verstell die Uhr und wie von unsichtbaren Fäden gezogen, verstellt sich wie auf Knopfdruck der Tagesablauf von Abermillionen Menschen. Die EU gebietet in der Gegenwart also über den Tagesablauf von 300 Millionen.» Sogar ein entsprechendes mehrstrophiges Kampflied findet sich auf der Homepage der Sommerzeit-Gegner.

Die Kritiker sehen die Zeitumstellung als gigantische «Selbsttäuschung derjenigen, die an das Märchen von der hellen Stunde glauben und sich im Widerspruch zu eigenem natürlichem Zeitempfinden eingebildet haben, dass es ihnen gefällt, als gäbe es ohne Sommerzeit keinen Sommer», wie es auf chronolog-liga.de heißt, einem weiteren Sammelbecken von Sommerzeit-Gegnern. Sämtliche Argumente für die Einführung der Zeitumstellung seien widerlegt, stattdessen seien die nachweisbaren Auswirkungen der periodischen Zeitverschiebung allesamt negativ.

Energiesparziel wurde verfehlt

Zeitumstellung

Am kommenden Sonntag ist es wieder soweit: Am 25. Oktober um 03.00 Uhr nachts endet die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) und es beginnt wieder die Mitteleuropäische Zeit (MEZ), die umgangssprachlich auch Winterzeit genannt wird. Die Uhren werden auf 02.00 Uhr zurückgestellt, so dass man eine Stunde «geschenkt» bekommt. Die doppelt vorhandene Stunde von 02.00 Uhr bis 03.00 Uhr wird amtlich als 2A und 2B bezeichnet.

Für die meisten Menschen bedeutet die Zeitumstellung, dass sie eine Stunde länger schlafen können. Am 28. März 2010 beginnt dann wieder mit dem «Überspringen» der Stunde von 02.00 Uhr bis 03.00 Uhr die Sommerzeit. Funkuhren und automatische Zeitsysteme stellen sich nach einem Signal der Atomuhren der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig von selbst um. Andere Uhren müssen von Hand neu eingestellt werden. (ap)

Tatsächlich gibt es seit der ersten Zeitumstellung auch Kritik daran. Nach ersten Versuchen in Deutschland, Irland und Großbritannien im Ersten Weltkrieg wurde die Sommerzeit in Deutschland 1980 regulär eingeführt - als Nachwirkung der Ölkrise 1973. Man war überzeugt, mit der Regelung über eine bessere Nutzung des Tageslichts Energie sparen zu können. Weiterer Grund war eine Anpassung an Nachbarländer, die die Sommerzeit bereits eingeführt hatten.

Grundlage für die Einführung in Deutschland war das Zeitgesetz von 1978, das die Mitteleuropäische Zeit (MEZ) und die Mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ) als gesetzliche Zeit festlegte. Bis 2001 gab es regelmäßig Verordnungen, die die Zeitumstellung für die folgenden Jahre regelte. Ab 2002 wurde die MESZ dann auf unbestimmte Zeit eingeführt, und zwar immer zwischen dem letzten Sonntag im März und dem letzten Sonntag im Oktober.

Tatsächlich ist aber schon lange bekannt, dass das ursprüngliche Energiesparziel verfehlt wurde. «Die Zeitverschiebung um eine Stunde nach vorn bedeutet zwar eine bessere Ausnutzung der Tageshelligkeit im Sommer und damit eine Stromeinsparung für Beleuchtung», heißt es in einer Erklärung des Umweltbundesamts vom März 2007. «Diese wird jedoch durch den Mehrverbrauch an Heizenergie - durch das Vorverlegen der Hauptheizzeit in die kühleren Morgenstunden - in etwa kompensiert.»

Bekannt ist dies schon seit 1983, wie aus einer Antwort der Bundesregierung im Mai 2005 auf eine Kleine Anfrage der FDP hervorgeht. Schon damals habe eine Untersuchung der TU München gezeigt, dass der Einfluss der Zeitumstellung auf den Energieverbrauch so gering sei, dass er vernachlässigt werden könne. Somit kommt die damalige rot-grüne Bundesregierung auch zum Schluss, dass aus umweltpolitischer Sicht «keine Notwendigkeit für eine Beibehaltung» der MESZ in Deutschland bestehe.

"Deutschland sollte keine Zeitinsel bleiben"

Abschaffen wollte die Regierung die Sommerzeit aber dennoch nicht. Bereits 1980 sei es neben der zusätzlichen Stunde Tageslicht vorrangig um die Harmonisierung der Sommerzeit in Europa gegangen, erklärte sie: «Deutschland sollte keine Zeitinsel bleiben.» Angesichts der zunehmenden Globalisierung sei eine dauerhafte einheitliche Zeit in Europa sinnvoll. «Die Bundesregierung wird deshalb an der Sommerzeit festhalten, sofern nicht die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gemeinsam die Absicht haben, die Sommerzeit abzuschaffen.»

Im Übrigen ist Benjamin Franklin eigentlich an allem schuld. Auf den vielseitigen Gründervater der USA geht nicht nur die Erfindung des Blitzableiters und der Gleitsichtbrille zurück, sondern letztlich auch die Einführung der Sommerzeit. Bereits 1784 hatte Franklin als erster den Gedanken, dass man mit einer Uhrenumstellung Kerzen und somit Geld sparen könne. Als Folge dieser Idee sehen heute in Deutschland zahlreiche Menschen ihre Grundrechte verletzt. (ap/we)