Berlin. Union und FDP denken in den Koalitionsverhandlungen darüber nach, kommunale Unternehmen wie private zu besteuern. Das könnte zur Folge haben, dass die Gebühren für Abfall und Abwasser zwischen zwölf und 20 Prozent steigen. Städtetag und Mieterbund warnen vor der Maßnahme.
Den Bürgern droht eine gewaltige Gebührenerhöhung durch die Hintertür. Wie die "Financial Times Deutschland" (Donnerstagausgabe) berichtete, plant die Koalition aus Union und FDP, kommunale Unternehmen künftig genauso zu besteuern wie private. Damit würde faktisch die Steuerbefreiung für die staatliche Abwasser- und Abfallwirtschaft wegfallen. Schätzungen zufolge könnten die Gebühren für Abfall und Abwasser dadurch im Schnitt um zwölf bis 20 Prozent steigen.
Derzeit zahlen Unternehmen der Kommunen keine Mehrwertsteuer, private Firmen hingegen 19 Prozent. Bund und Ländern, die sich die Mehrwertsteuer teilen, könnte der Plan Schätzungen zufolge bis zu vier Milliarden Euro in die Kasse spülen, wie das Blatt schrieb.
"Der Bürger zahlt die Zeche"
Die Einführung der Mehrwertsteuer auf diesen Gebieten wäre eine "ungeheure Abzocke der Bürger", sagte der Geschäftsführer der bayerischen Gemeinden, Jürgen Busse, der "FTD". Karin Opphard, Geschäftsführerin des Verbands kommunale Abfallwirtschaft, warnte ebenfalls vor einem Gebührenschock: "Der Bürger zahlt die Zeche."
Kostendeckend arbeitende Kommunalbetriebe würden die Steuern einfach abwälzen, so wird befürchtet. "Eine Umsatzsteuerpflicht würde die Bürger mit deutlich höheren Müll- und Abwassergebühren belasten. Die Städte lehnen diese Forderung deshalb ab", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus.
"Die öffentliche Hand besteuert sich nicht selbst"
Öffentliche Unternehmen, die mit der Privatwirtschaft in den Bereichen Abfall und Abwasser konkurrieren, seien auf diesen Feldern bereits heute voll steuerpflichtig, fügte Articus hinzu. Dort, wo es keine private Konkurrenz gibt, gelte das aus gutem Grund nicht. "Denn die öffentliche Hand besteuert sich nicht selbst", sagte der Hauptgeschäftsführer.
Auch der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Franz-Georg Rips, schlug Alarm: "Wenn CDU, CSU und FDP tatsächlich kommunale Unternehmen mit dem vollen Mehrwertsteuersatz belegen, wird sich das Wohnen in Deutschland deutlich verteuern. Mietern drohen dann jährlich bis zu 150 Euro höhere Betriebskosten." Insgesamt würde dies Gebührenerhöhungen im Milliardenbereich bedeuten.
Derzeit streben die Koalitionspartner CDU/CSU und FDP "Wettbewerbsgleichheit kommunaler und privater Anbieter insbesondere bei der Umsatzsteuer" an. So steht es im abschließenden Papier der Arbeitsgruppe Wirtschaft, Energie und Aufbau Ost sowie im Entwurf des Koalitionsvertrags, der der "FTD" vorliegt. (ap/ddp)