Berlin. .
Arbeitsministerin von der Leyen plant eine umfangreiche Reform von Hartz IV. Die Regelsätze sollen künftig an die Preis- und Lohnentwicklung gekoppelt werden. Wie hoch die Sätze ausfallen, ist aber noch unklar.
Für Hartz-IV-Empfänger wird es im nächsten Jahr umfangreiche Neuerungen geben. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) brachte am Montag die Reform der Grundsicherung auf den Weg und schickte den Entwurf ohne die konkreten Zahlen zur Abstimmung an die zuständigen Ministerien. Ob die Regelsätze künftig höher ausfallen, wird allerdings erst in einer Woche feststehen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die geltenden Hartz-IV-Regelsätze im Februar als willkürlich gerügt und für verfassungswidrig erklärt - für einen Erwachsenen sind es derzeit 359 Euro monatlich. Wie hoch die künftigen Sätze ausfallen ist noch offen, da die für die Berechnung nötige Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes momentan ausgewertet wird. Weitere Anpassungen sollen an die Preis- und Lohnentwicklung gekoppelt sein - bislang wurde Hartz IV wie die Renten angehoben, also nach der aktuellen Entwicklung der Durchschnittseinkommen abzüglich dämpfender Faktoren.
„Echtes Haushaltsrisiko“
Die Reform enthält ferner ein Bildungspaket für die Kinder aus Hartz-IV-Familien. Sie bekommen über das Jobcenter Zuschüsse für die Lernförderung, Schulmaterial, Mittagessen und Freizeitaktivitäten. Ob die Dienstleistungen über die von der Ministerin favorisierten Chipkarten oder über Gutscheine, Formulare oder das Internet abgerechnet werden, entscheiden die Verantwortlichen vor Ort. Genauere Vorgaben gibt es im Entwurf bei den Sanktionen. Am 20. Oktober soll das Bundeskabinett über das Regelwerk entscheiden, am 1. Januar 2011 das Gesetz in Kraft treten. Der Reform muss auch der Bundesrat zustimmen.
Finanzministerium und die Haushaltspolitiker der Koalition sind von den Plänen aber offenbar alarmiert. „Die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Neuberechnung der Regelsätze droht zum echten Haushaltsrisiko zu werden“, sagte ein Regierungsvertreter dem „Handelsblatt“. Das Finanzministerium fürchte, dass die Vorsorge von 480 Millionen Euro im Etat für die Reform nicht reichen könnte.
FDP verlangt Korrektur der Zuverdienstmöglichkeiten
„Wir erwarten, dass die notwendigen Schritte im Rahmen der getroffenen Vorsorge umgesetzt werden“, sagte Unions-Fraktionsvize Michael Meister (CDU). Zusätzliche Ausgaben, die das strukturelle Defizit des Bundes erhöhten, werde man nicht mittragen. FDP-Haushälter Otto Fricke forderte die Ministerin auf, Mehrkosten für die Hartz-IV-Reform an anderer Stelle einzusparen. Er betonte: „Möglichkeiten hierzu gibt es in einem 131,8 Milliarden Haushalt.“
Im Laufe der Woche wollen sich laut „Handelsblatt“ die Staatssekretäre der zuständigen Ministerien zu einem Gespräch über die finanziellen Effekte treffen. Am Ende müsse die Kanzlerin zusammen mit dem Finanzminister entscheiden, sagte ein Kabinettsmitglied der Zeitung.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner verlangte, die Ministerin solle im Zuge der Reform auch eine Korrektur der Zuverdienstmöglichkeiten für Hartz-IV-Empfänger vornehmen. „Die bisherigen Regelungen bieten keinen wirklichen Anreiz sich zu engagieren.“ Er forderte, dass sie „insbesondere im Bereich von mittleren Einkommen, also oberhalb von 400 Euro, so verändert werden, dass es eine echte Leiter in den ersten Arbeitsmarkt gibt“. Der FDP-Arbeitsmarktexperte Johannes Vogel (FDP) kritisierte, heute würden vor allem kleine Jobs bis 100 Euro belohnt. (dapd)