Berlin. .

Neben der SPD wollen auch die Grünen gegen den Atomkompromiss der Koalition klagen. Kern der Klage sei das Vorhaben, den Bundesrat auszuschließen, so Fraktionschef Trittin.

Neben der SPD wollen auch die Grünen gegen den Atomkompromiss der Koalition klagen. Grünen-Bundestagsfraktionschef Jürgen Trittin sagte der Koblenzer „Rhein-Zeitung“ laut Vorabbericht, er gehe davon aus, dass neben den Landesregierungen von Bremen und Nordrhein-Westfalen auch die Bundestagsfraktionen der Grünen und der SPD klagen werden. „Der Kern jeder Klage wird sein: Ist es zulässig, ohne Beteiligung der Länder die Länder zu nötigen, mindestens bis zum Jahr 2040 eine Atomaufsicht vorzuhalten? Und darf eine solche Aufgabe den Ländern übertragen werden, die zum Teil auch die Neuerrichtung und Neugenehmigung von Zwischenlagern bedeuten kann?“, sagte der frühere Bundesumweltminister. Klagen können nach Ansicht Trittins auch die Stadtwerke, weil deren Investitionen entwertet würden.

Nach dem am Sonntag verabredeten Kompromiss sollen ältere Atomkraftwerke 8 Jahre länger laufen als bislang vereinbart, neuere 14 Jahre mehr.

Trittin sagte, er gehe davon aus, dass in Folge des Atomkompromisses die Strompreise für die Verbraucher steigen werden. Das sei die logische Konsequenz einer gefestigten Monopolstellung von vier großen Energiekonzernen. Zudem warnte er vor Sicherheitsrisiken bei längeren Laufzeiten. „Sieben Kernkraftwerke sind baulich so konstruiert, dass bei einem Flugzeugabsturz Radioaktivität nach außen gelangen würde. Dieses Risiko ist umso größer, je länger die Atomkraftwerke laufen“, sagte Trittin.

SPD will Verfassungsklage einreichen

Die SPD will eine Verfassungsklage gegen die geplante Verlängerung der Atomlaufzeiten einreichen. Die Bundesregierung hält weiterhin an ihren Plänen fest, das Gesetz zu ändern. Damit könnte eine Laufzeitverlängerung erreicht werden. Der Bundesrat soll dabei ausgeschlossen werden.

„Die Länder tragen die Hauptlast der Verlängerung“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. „Der Bundesrat muss einer so substanziellen Änderung des Atomrechts zustimmen.“ Dies bestätigten auch fast alle juristischen Gutachten. Die schwarz-gelbe Koalition stehe mit ihrer Deutung des Grundgesetzes allein da, meinte der SPD-Politiker.

Das Bundeskabinett will am 28. September ihr Energiekonzept beschließen. Dabei soll es sowohl um ein Gesetz zur Sicherheit als auch um zu die Laufzeiten gehen. „Beides ist nicht zustimmungspflichtig.“, sagte die Sprecherin des Umweltministeriums Christiane Schwarte. Allerdings müsse das Sicherheitsgesetz bei der Europäischen Union bekanntgemacht, also in Brüssel notifiziert werden. Welches der beiden Gesetze zuerst in Kraft trete, sei deshalb noch nicht abzusehen.

50.000 wollen in Berlin demonstrieren

Vor dem Reichstag protestierten Kernkraftgegner der „Klimaallianz“gegen die Pläne der Regierung. Die „Klima-Allianz“ ist ein Zusammenschluss von mehr als 100 Organisationen und Vereinen. Sie forderten in Sprechchören vor dem Reichstag: „Schluss mit den Tricks“. Die Demonstranten verlangten eine energiepolitische Wende statt Laufzeitverlängerungen.

„Die bundesweite Anti-Atom-Großdemonstration am 18. September in Berlin wird deutlich größer werden, als ursprünglich geplant“, sagte Jochen Stay. Er ist Sprecher der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt“ und warnt die Bundesregierung vor massivem Gegenwind.

Weit über 50.000 Menschen hätten innerhalb von 48 Stunden einen Appell von „Campact“ an Kanzlerin Angela Merkel unterzeichnet, teilte das Kampagnen-Netzwerk mit. Die Unterzeichner hätten angekündigt, sich an Protesten gegen die schwarz-gelbe Atompolitik zu beteiligen.

Kurzfristig Mindereinahmen im Haushalt

Die Bundesregierung will die Laufzeiten der 17 deutschen Atomreaktoren um durchschnittlich zwölf Jahre verlängern. Dafür sollen die Betreiber von 2011 bis 2016 jeweils 2,3 Milliarden Euro Brennelementesteuer entrichten. Hinzu kommen die Mittel zur Förderung erneuerbarer Energien. Jeweils 300 Millionen für die ersten beiden Jahre und danach 200 Millionen pro Jahr für die folgenden vier Jahre. In der Summe sind es 15,2 Milliarden Euro.

Der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, bestätigte, dass die Energieversorgungsunternehmen die Kernbrennstoffsteuer steuerlich geltend machen könne. So könne es zu Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer kommen. „Schon mittelfristig“ erwarte die Bundesregierung in der Summe aber Mehreinnahmen. Und dieser Effekt werde auf der Zeitachse größer, sagte Seibert.

Der kommunalpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Peter Götz, nannte die heftige Kritik an der Brennelementesteuer und den damit einhergehenden Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer schwer nachvollziehbar. „Schließlich stehen diesen kurzfristigen Mindereinnahmen unverhältnismäßig größere Mehreinnahmen durch die Laufzeitverlängerung der Kraftwerke entgegen.“ (dapd)