Mainz. .
In der Mainzer Uniklinik ist ein weiterer Säugling gestorben. Damit hat sich die Zahl der nach einer verunreinigten Infusion gestorbenen Kinder auf drei erhöht. Unterdessen fordern Politiker einheitliche Hygieneregeln für Kliniken.
In der Mainzer Uniklinik ist ein weiterer Säugling gestorben. Dies teilte die Universitätsmedizin am Dienstagmorgen mit. Damit hat sich die Zahl der nach einer verunreinigten Infusion gestorbenen Kinder auf drei erhöht. Nach Angaben der Klinkleitung handelt es sich bei dem neuen Todesopfer um ein Frühgeborenes, das in der 24. Schwangerschaftswoche auf die Welt kam und bereits durch seine körperliche Unreife als extrem gefährdet galt. Klinikchef Norbert Pfeiffer äußerte sich bestürzt über den Tod des dritten Säuglings. „Dieser weitere Todesfall löst bei allen beteiligten große Trauer und Betroffenheit aus. In Gedanken sind wir bei den Eltern und Angehörigen des Kindes“, fügte der Vorstandsvorsitzende der Mainzer Universitätsmedizin hinzu.
Neue Hygiene-Vorschriften für Kliniken geplant
Nach der Infektion von elf Säuglingen mit Darmbakterien in Flüssignahrung an der Uniklinik Mainz ist eine politische Debatte über Hygiene in deutschen Krankenhäusern entbrannt. Die schwarz-gelbe Koalition will unmittelbar nach der Sommerpause bundesweite Hygiene-Vorschriften auf den Weg bringen. Der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ sagte FDP-Bundestagfraktionsvize Ulrike Flach: „Wir haben auf dem Gebiet der Krankenhaus-Hygiene ein großes Problem, auf das der Gesetzgeber dringend reagieren muss.“ Bis zu 600.000 Menschen würden sich in deutschen Kliniken jährlich mit Krankheitserregern infizieren, „bis zu 40.000 Patienten sterben jedes Jahr an diesen Infektionen“.
Diese Zahlen seien erschreckend. „Die FDP-Fraktion wird deshalb im September die Initiative für eine bundesweite Regelung ergreifen“, kündigte die gesundheitspolitische Sprecherin der Liberalen an. Flach kritisierte, die eigentlich für diesen Bereich zuständigen Länder hätten bisher bis auf wenige Ausnahmen keine Hygiene-Verordnungen für Krankenhäuser erlassen.
Erheblicher Nachholbedarf
Ähnlich äußerte sich der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU): „Es ist höchst unbefriedigend, dass trotz lange bekannter Defizite bei der Hygiene in Krankenhäusern bisher wenig passiert ist.“ Sowohl die zuständigen Länder als auch die Kliniken hätten ihre Hausaufgaben nicht ausreichend gemacht. „Die Union ist deshalb entschlossen, mit dem Koalitionspartner eine bundeseinheitliche Lösung für Kliniken auf den Weg zu bringen“, kündigte Spahn an. Er sei zuversichtlich, dass sich das trotz der Länderkompetenz für diesen Bereich durch eine Erweiterung des Infektionsschutzgesetzes des Bundes verfassungskonform umsetzen lasse.
Die Vize-Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Kathrin Vogler (Linke), sieht erheblichen Nachholbedarf in den Krankenhäusern: Nicht einmal fünf Prozent der bundesweit 2000 Kliniken leisteten sich einen Hygienefacharzt, sagte sie der Zeitung. Die Abgeordnete mahnte „ein neues Fehlermanagement“ in Hospitälern an. Problematisch sei aber oft das Haftungsrecht. Vogler: „In Arbeitsverträgen ebenso wie in Verträgen zwischen Kliniken und Versicherungen finden sich oft Klauseln, die einen offenen Umgang mit Fehlern verhindern, weil sonst Regressansprüche gegen ein Krankenhaus folgen könnten.“
Vorbild Niederlande
Bedenklich sei auch, „dass in Deutschland fast ein Zehntel aller Krankenhauspatienten in einer Klinik wegen einer Infektion erkranken“. Die Niederlande hätten hingegen das Vorkommen hochresistenter Keime „fast gegen Null zurückgefahren“, unter anderem „durch ein striktes Hygiene-Regime und mehr Personal für die Patienten“. In Deutschland gebe es indes einen Investitionsstau.
Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) zog aus dem Mainzer Fall derweil erste Konsequenzen. „Wir werden alle Krankenhäuser auffordern, eine Bestandsaufnahme der bestehenden Hygienevorkehrungen vorzunehmen“, sagte NKG-Direktor Helmut Fricke. (ddp/apn)