Berlin. .

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff soll Bundespräsident werden. Gleichzeitig haben sich SPD und Grüne auf den DDR-Bürgerrechtler Joachim Gauck als Kandidaten verständigt.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) soll neuer Bundespräsident werden. Das erfuhr die Nachrichtenagentur DAPD am Donnerstag aus Koalitionskreisen. Die drei Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (FDP) und Guido Westerwelle (FDP) wollten ihn noch am Abend in Berlin offiziell als Nachfolger von Bundespräsident Horst Köhler vorstellen. Wahltermin ist der 30. Juni. Schwarz-Gelb verfügt in der Bundesversammlung über eine Mehrheit, Wulffs Wahl wäre damit sicher.

Wulff sollte am Donnerstagabend um 19.30 Uhr im Reichstagsgebäude offiziell vorgestellt werden. Der 50-Jährige schlug überraschend Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) aus dem Rennen, die zuvor als Favoritin gegolten hatte.

Den DAPD-Informationen zufolge soll der Widerstand gegen von der Leyen aus der CDU selbst und dort vor allem von den Landesfürsten gekommen sein. Zum einen gelte sie zwar als unverzichtbar im Bundeskabinett, nicht nur mit Blick auf die anstehenden Haushaltsberatungen. Zum andern gebe es aber auch Bedenken, ob sie in der derzeitigen Krisensituation die richtige Kandidatin für das höchste Staatsamt und ob sie stark und eloquent genug für das Amt des Bundespräsidenten sei.

Grüne gegen Wulff

Die Grünen-Parteivorsitzenden Claudia Roth und Cem Özdemir kritisierten die Entscheidung. „Bundeskanzlerin Merkel hat die Chance vertan, auf die ernste Situation mit einer allseits respektierten Persönlichkeit an der Staatsspitze zu antworten, die auch über Lager- und Parteigrenzen hinaus strahlt und von der Bevölkerung breit akzeptiert wird“, erklärten beide. Stattdessen sei ihre Kandidatenauswahl „von machttaktischem und parteipolitischen Kalkül gekennzeichnet“. Wulff sei nicht der Rettungsanker, als den Union und FDP ihn präsentieren wollten, erklärten die Grünen-Politiker.

Die Vorsitzenden der Linken, Klaus Ernst und Gesine Lötzsch, sprachen sich ebenfalls gegen eine Wahl Wulffs aus. Ernst erklärte, Wulff „wäre ein reiner Kandidat von Schwarz-Gelb und für uns nicht wählbar“. Lötzsch meinte, der Niedersachse sei offenbar eine Verlegenheitslösung. „Ich kann mich nicht erinnern, dass Christian Wulff irgendeine Diskussion angestoßen hätte, die die Gesellschaft vorangebracht hat“, erklärte sie.

Überparteiliche Amtsführung

SPD und Grüne erwägen, den Theologen Joachim Gauck als gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten vorzuschlagen. Das meldete die in Berlin erscheinende Tageszeitung „Die Welt“. Gauck stehe für eine überparteiliche Amtsführung und genieße Reputation weit über das eigene Lager hinaus, hieß es demnach in SPD-Kreisen. Gauck war erster Beauftragter für die DDR-Stasi-Unterlagen. Der Bürgerrechtler gehörte 1990 der ersten und letzten frei gewählten DDR-Volkskammer an.

Laut „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ trafen sich der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel und der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Jürgen Trittin, am Donnerstag mit dem früheren DDR-Bürgerrechtler. Er habe seine Zustimmung gegeben, als Gegenkandidat der Opposition in die Bundesversammlung zu gehen. (ap)