Berlin. .

Noch immer bleibt die spannendste Frage offen: Wer wird Horst Köhlers Nachfolger? Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wird hoch gehandelt. Wird sie ins Schloss Bellevue ziehen?

Es ist ein Mittwoch und bei der Fußball-WM spielfrei. So viel zum 30. Juni, zu dem Tag, an dem in Berlin der nächste Bundespräsident ge­wählt wird. Fest steht, dass CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel den ersten Vorschlag machen will, es einen gemeinsamen Bewerber mit der FDP geben soll und dass sie überdies auf die Opposition zugehen wird. Merkel ist auf den Konsens allerdings nicht angewiesen. Denn Union und FDP haben in der Bundesversammlung eine knappe Mehrheit der 1244 Sitze. Die spannendste Frage ist offen, jede Antwort hochspekulativ: Wer folgt auf Horst Köhler?

Merkel sagt, man brauche einen, „der die Chance hat, von allen akzeptiert zu werden, der zu den Menschen spricht, der Erfahrung hat.“ Das lässt eher auf einen Politiker als auf einen Seiteneinsteiger, eher auf eine sichere Lösung als auf eine unkonventionelle Idee schließen.

Schäuble, Schavan, Lammert

Ursula von der Leyen ist bereit für das Bundespräsidentenamt. (Foto: ap)
Ursula von der Leyen ist bereit für das Bundespräsidentenamt. (Foto: ap) © AP

Im Gespräch sind viele Namen, aus dem Kabinett Ursula von der Leyen, Wolfgang Schäuble und Annette Schavan, außerdem Bundestagspräsident Norbert Lammert. Mit ihm würde Merkel auf Nummer sicher gehen. Dass er reden und repräsentieren kann, beweist Lammert seit 2005 im bisherigen Amt.

Alle vier würden Merkel zu weiteren Umbesetzungen zwingen; sei es im Kabinett, sei es an der Spitze des Parlaments. Das Problem hätte sie mit Christian Wulff nicht. Der niedersächsische Ministerpräsident gehört in den Kreis, weil ihm ein „präsidialer Stil“ nachgesagt wird und die Nachfolge leicht zu regeln wäre. Darauf angesprochen, blieb er be-wusst unscharf: „Dafür be-wirbt man sich und dazu äußert man sich nicht und das schließt man auch nicht aus.“ Eine klare Ansage war das eigentlich nicht, oder?

SPD: „Wir können gelassen abwarten“

„Wir können gelassen abwarten“, heißt es in der SPD. Erst wird Merkels Vorschlag geprüft und dann entschieden, ob Grüne und Sozialdemokraten einen eigenen Kandidaten suchen. Die Messlatte hat Parteichef Sigmar Gabriel aufgelegt. CDU/CSU und FDP müssten eine Person aufbieten, „die nicht reine parteipolitische Taktik signalisiert“. Das sollte jeden Minister, Lammert, aber auch Ministerpräsidenten wie Wulff oder Jürgen Rüttgers ausschließen.

Gemeinhin wird erwartet, dass Merkel bald in die Offensive geht, möglichst noch diese Woche. Die Zeit drängt, zumal nächste Woche mit der Kabinettsklausur und dem Bildungsgipfel weitere Großbaustellen bevorstehen, die Merkel voll in Anspruch nehmen. Andererseits: Wohl keine an­dere Personalie muss derart breit abgestimmt werden wie die Bundespräsidentenwahl. Da reden alle Landtage mit.

Die erste Frau im Amt?

Arbeitsministerin von der Leyen wird hoch gehandelt, weil sie eloquent und repräsentativ ist und Merkel mit der Wahl der ersten Frau als Staatsoberhaupt einen Achtungserfolg landen könnte. Von der Leyen könnte Wahlfrauen aus dem Spektrum von Grünen, SPD und Linken ansprechen. Bei so viel Taktik wäre Gabriel genötigt, Ausschau zu halten nach einer Frau für Rot-Grün, wahrscheinlich eine Zählkandidatin. Gesine Schwan hat die Aufgabe zweimal erfüllt.

Von der Leyen wird indes in konservativen Kreisen mit gemischten Gefühlen gesehen: zu liberal. Weniger Risiken würde CDU-Chefin Merkel mit Wulff und Lammert eingehen. Mit Wulff würde sie sogar einen Mann loswerden, der ihr in der CDU gefährlich werden könnte.

Wenn laut über einen Nachfolger für Merkel gedacht wird, fällt meist der Name Christian Wulff. Er ist erst 50 Jahre alt und Ursula von der Leyen auch nur 51. Der bisher jüngste Bundespräsident war FDP-Mann Walter Scheel. Der war bei seinem Amtsantritt 54 Jahre alt.