Brüssel/Berlin/Los Angeles. .
Die Bundeswehr in Afghanistan gerät immer mehr ins Fadenkreuz der Taliban. Nur knapp zwei Wochen nach dem bislang schwersten Gefecht wurden bei Baghlan eine deutsche Patrouille angegriffen und vier Soldaten getötet. Guttenberg kehrte nach Afghanistan zurück.
Keine zwei Wochen nach dem letzten Attentat mit drei Opfern sind am Donnerstag in Nordafghanistan vier Soldaten der Bundeswehr ums Leben gekommen. Mindestens fünf weitere Soldaten wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt und ins Militärkrankenhaus in Masar-I-Scharif geflogen, bestätigte ein Bundeswehrsprecher auf Anfrage der NRZ.
Attacke mit Panzerfaust
Die Soldaten waren auf dem Weg vom Lager Kundus in die 100 Kilometer entfernte Provinz Baghlan, als Aufständische gegen zwölf Uhr deutscher Zeit mit einer Panzerfaust den Konvoi attackierten. Nach NRZ-Informationen hatten die Soldaten ihr Fahrzeug verlassen, um Minen zu entschärfen, als der Angriff erfolgte.
Damit haben bislang 43 Soldaten der Bundeswehr im Afghanistan-Einsatz ihr Leben verloren. Der Donnerstag war einer der verlustreichsten, seit die Bundeswehr 2002 an den Hindukusch ging.
Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) befand sich in Termez, der deutschen Bundeswehrbasis in Usbekistan nahe der afghanischen Grenze, als er von dem Attentat erfuhr. Nach seinem zweieinhalbtägigen Besuch in Afghanistan wollte der Minister nach Deutschland zurückfliegen. Nun wird Guttenberg seinen Aufenthalt verlängern. Er flog noch am Donnerstag nach Masar-I-Scharif, wo sich das Regionalkommando der Bundeswehr für den Afghanistan-Einsatz befindet.
Merkel hält an dem Einsatz fest
Auch nach dem blutigen Anschlag hält Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Militärsatz fest. In einer ersten Stellungnahme in San Francisco sprach sie den Angehörigen ihr Beileid aus. Zugleich betonte sie, der Einsatz sei „leider“ mit großen Gefahren verbunden, doch gebe es zu ihm „keine vernünftige Alternative“. Sie lehnte es auch ab, das Mandat zu ändern.
Auch der stellvertretende Fraktionschef der SPD, Gernot Erler, warnte vor einem übereilten Abzug der Bundeswehrsoldaten. „Das ist nicht vertretbar“, sagte Erler der WAZ-Gruppe. „Dann wird das Blutvergießen nur noch größer.“
Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) verurteilte „diesen hinterhältigen Angriff“ „mit aller Schärfe“. Der Tod der Soldaten erfülle ihn „mit tiefer Trauer.“ „Unsere Gedanken sind bei den Familien, Freunden und den Kameraden der Getöteten“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel.
Gezielte Aktion
„Die Strategie der Taliban ist, nicht zu kämpfen, sondern die Meinung in Deutschland zu beeinflussen“, sagte die Verteidigungsexpertin der FDP, Elke Hoff. Dies sei eine gezielte Aktion vor dem Hintergrund der nahenden NRW-Wahl und der Debatte um fehlende oder mangelnde Ausrüstung der Truppe, mutmaßt sie.
Noch am Mittwoch hatte zu Guttenberg angekündigt, schwere Waffen nach Afghanistan zu schicken, darunter zwei Panzerhaubitzen. Zudem will die Bundeswehr weitere 60 Panzerwagen für die Soldaten in Afghanistan kaufen.
„Wir dürfen uns aber nicht der Hoffnung hingeben, dass allein die Verstärkung der Ausrüstung Verluste verhindert“, warnte Erler. Die Gleichung „mehr Ausrüstung, mehr Waffen, weniger Verluste“ gebe es nicht.