Berlin. .

Knapp zwei Wochen nach dem tödlichen Angriff auf die Bundeswehr bei Kundus rüstet die Truppe eiligst auf. Zum einen bestellt die Bundeswehr 60 neue Panzerwagen, zum anderen verlegt sie jetzt schwere Waffen in das Krisengebiet. Der Verteidigungsminister sieht darin keine Änderung des Mandats.

Nach den jüngsten Todesfällen rüstet die Bundeswehr in Afghanistan auf. Zum einen werden schwere Waffen in das Krisengebiet verlagert, zum anderen kauft die Bundeswehr nun eiligst 60 neue Panzerwagen. Wie die „Financial Times Deutschland“ unter Berufung auf das Verteidigungsministerium berichtete, soll der Vertrag mit dem Schweizer Hersteller Mowag in dieser Woche unterzeichnet werden. Für 2011 ist demnach die Bestellung weiterer 90 geschützter Fahrzeuge vom Typ Eagle IV vorgesehen.

Derzeit verfügt die Bundeswehr dem Bericht zufolge in Afghanistan über rund 975 gepanzerte Fahrzeuge verschiedener Hersteller und Modelle. Das Verteidigungsministerium gehe allerdings davon aus, dass angesichts der verschärften Bedrohungslage durch Sprengfallen und Angriffe auf Konvois 600 davon „baldmöglichst“ ersetzt werden müssen, zitierte die „FTD“ aus einem Brief der Ministeriumsspitze an die Bundestagsfraktionen. Zur Deckung des „vordringlichsten Bedarfes“ - auch durch die anstehende Erhöhung des deutschen Kontingents von 4500 auf bis zu 5350 Soldaten - sei die Beschaffung von 60 Eagle IV schnellstmöglich notwendig.

Über 60 Millionen Euro Kosten

In dem Brief an die Abgeordneten beziffert das Ministerium die Kosten für die 60 Eagle IV und zusätzliche Spezialausrüstung wie Waffenstationen, Störsender und Funktechnik demnach auf 61,5 Millionen Euro. Die Finanzierung solle kurzfristig aus dem Verteidigungsetat erfolgen. Der Auftrag an den Schweizer Hersteller Mowag, eine Tochter des US-Rüstungsriesen General Dynamics, sei Teil eines größeren, schon laufenden Beschaffungsprojekts über insgesamt rund 650 Fahrzeuge.

Zuvor hatte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bei einem Blitzbesuch in Afghanistan angekündigt, nun schwere Waffen ins Krisengebiet zu schicken. So sollen umgehend zwei Panzerhaubitzen, zusätzliche „Marder“-Schützenpanzer sowie Panzerabwehrraketen in das Gebiet zu verlegt werden.

Die neuen Waffen änderten nicht den Charakter des Afghanistan-Einsatzes, betonte Guttenberg in der ARD. „Es sind Ausrüstungsgegenstände, die den mandatierten Einsatz auch so ermöglichen sollen, dass die Soldaten möglichst gut geschützt, aber auch möglichst wirkungsvoll vorgehen können“, wenn das erforderlich sei.

Lage in der Region sei instabil

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg.
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. © ddp

Zu Forderungen nach einem Abzug der deutschen Truppen aus Afghanistan erklärte Guttenberg: „Das Risiko für unsere Sicherheit wird genau dann größer, wenn wir Afghanistan zum jetzigen Zeitpunkt sich selbst überlassen würden.“ Die Lage in der Region sei sehr instabil, „wir müssen Stabilität schaffen“. An einen Abzug sei zu denken, „wenn die Ausbildungserfolge sichtbar sind, so dass auch die Afghanen einen Teil ihrer Sicherheit selbst übernehmen können“.

Im ZDF-“Heute-Journal“ sagte der Verteidigungsminister, der Einsatz bleibe gefährlich und risikoreich. „Von daher ist es auch nicht ausgeschlossen, dass es in Afghanistan auch zu Verlusten und zu Verwundeten kommen kann.“

Sein Ministerium rechtfertigte derweil den Abbruch der Gespräche mit dem Anwalt Karim Popal, der eigenen Angaben zufolge 79 Opfer des vom deutschen Oberst Georg Klein befohlenen Luftschlags vom 4. September vertritt. Es habe Zweifel an der Mandatslage gegeben, erklärte Sprecher Christian Dienst. Jetzt werde nicht mehr über Anwälte, sondern direkt verhandelt. Die Gesprächsfäden müssten neu geknüpft werden. Durch die bisherige Gesprächsführung habe man sieben Monate Zeit verloren. Man werde sehen, ob es bestimmte Projekte oder im Einzelfall auch finanzielle Entschädigungen geben werde.

Immer mehr Deutsche laut Umfrage für Bundeswehr-Abzug aus Afghanistan

Nach dem tödlichen Angriff auf Bundeswehrsoldaten in Afghanistan am Karfreitag wünschen sich nach einer Umfrage immer mehr Bundesbürger einen Abzug der deutschen Truppen vom Hindukusch. 62 Prozent und damit so viele wie noch nie zuvor bei einer Forsa-Umfrage plädierten für den Rückzug, wie die Befragung für das Hamburger Magazin „Stern“ ergab.

Im September 2009, nach den Bombardements von Kundus, waren den Angaben zufolge 55 Prozent für einen Rückzug der deutschen Truppen gewesen. Sehr hoch (61 Prozent) war die Ablehnung des Einsatzes zuletzt im Juni 2009 gewesen, nachdem drei Bundeswehrsoldaten nach einem Feuergefecht mit den Taliban in ihrem Transportpanzer verunglückt und ums Leben gekommen waren. Befragt wurden 1.004 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger am 8. und 9. April 2010. (afp/apn)