Kundus/Berlin. .
Bei einem Angriff in Afghanistan sind vier Bundeswehr-Soldaten getötet und fünf weitere verletzt worden. Während die Opposition lautstark den Abzug forderte, erklärte die Bundeskanzlerin, der Einsatz am Hindukusch müsse fortgesetzt werden.
Knapp zwei Wochen nach dem schweren Gefecht bei Kundus sind am Donnerstag erneut deutsche Soldaten in Nordafghanistan getötet worden. Bei dem Taliban-Anschlag nahe Baghlan starben nach Angaben des Verteidigungsministeriums vier Bundeswehrsoldaten, fünf weitere wurden verletzt. Damit kamen seit Beginn der ISAF-Mission am Hindukusch 43 Bundeswehrangehörige ums Leben. Regierungskoalition und Opposition zeigten sich tief betroffen und drückten den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus.
Bei dem Angriff am Donnerstagnachmittag war eine Patrouille in der südlichen Nachbarprovinz von Kundus nahe der Stadt Baghlan gegen 14.30 Uhr in einen Hinterhalt geraten. Zwei gepanzerte Fahrzeuge vom Typ „Eagle IV“ wurden bei dem Beschuss getroffen. Dabei hätten die Taliban eine neue Taktik angewandt und gezielt auf kleinere Fahrzeuge in der Kolonne geschossen, hieß es in Bundeswehrkreisen. Baghlan gilt als eine Hochburg der Taliban.
Guttenberg verlängert Besuch
Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verlängerte seinen Besuch in der Krisenregion, nachdem er erst am Mittwoch zu einem Blitzbesuch nach Afghanistan gekommen war. Er flog ins Feldlager nach Masar-i-Sharif, wohin auch die fünf Verletzten gebracht wurden. Er zeigte sich „tief traurig“ und sagte, es habe sich offenbar „um einen besonders tragischen Fall gehandelt“.
Zuletzt war die Bundeswehr zu Monatsbeginn nahe Kundus in ein mehr als zehnstündiges Gefecht mit Taliban verwickelt worden. Bei den bis dahin schwersten Kämpfen seit Beginn des ISAF-Einsatzes Anfang 2002 wurden drei Soldaten getötet und acht weitere zum Teil schwer verletzt.
Bessere Bewaffnung gefordert
Der Bundeswehrverband forderte Guttenberg auf, rasch seine Zusagen zur besseren Bewaffnung des deutschen ISAF-Kontingents umzusetzen. Der Minister hatte angekündigt, Panzerhaubitzen und weitere schwere Waffen an den Hindukusch zu verlegen. „Es macht uns alle sehr betroffen, dass es erst des Todes und schwerer Verwundungen weiterer Kameraden bedurfte, um diesen überfälligen Schritt zu gehen“, sagte Verbandsvize Wolfgang Schmelzer.
Erst vor wenigen Tagen hatte Guttenberg im Zusammenhang mit den Kampfhandlungen in Afghanistan erstmals von „Krieg“ gesprochen und angekündigt, dass die Bundeswehr besser bewaffnet werden soll. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) brachte den Einsatz in Zusammenhang mit dem Begriff Krieg.
Merkel: Einsatz wird fortgesetzt
Merkel zeigte sich tief betroffen über den neuerlichen Angriff. „Die Soldaten sind in einem schwierigen Einsatz gefallen“, sagte Merkel am Donnerstag am Rande ihres USA-Besuches in San Francisco. Sie sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus.
Zugleich verteidigte Merkel den 2002 begonnenen Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr, der auch der Sicherheit Deutschlands diene. Die Kanzlerin machte deutlich, dass trotz des neuen Angriffs der Einsatz am Hindukusch fortgesetzt werde. Ziel bleibe eine „Übergabe in Verantwortung“ in die Hände der afghanischen Sicherheitskräfte.
„Verteidigen auch unsere Freiheit“
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) zeigte sich entsetzt über die neuerliche Attacke und sprach von einem „hinterhältigen Angriff“. „Wir stehen in diesem schweren Moment vereint hinter den Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die in Afghanistan ihr Leben einsetzen, um auch unsere Freiheit zu verteidigen“, sagte er. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger fügte hinzu, die Soldaten opferten in Afghanistan ihr Leben, um ihren Auftrag zu erfüllen, die afghanische Bevölkerung zu schützen und beim Wiederaufbau des Landes zu helfen.
Auch die Opposition drückte ihr Mitgefühl mit den Angehörigen der Getöteten und Verletzten aus. SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte, er sei tief erschüttert über den Tod der deutschen Soldaten. „Unsere Gedanken sind bei den Familien, Freunden und den Kameraden der Getöteten.“ Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, der den „feigen und hinterhältigen Anschlag auf das Schärfste“ verurteilte.
„Einsatz nicht mehr zu rechtfertigen“
Für die Linke sagte Parteichef Oskar Lafontaine: „Wir trauern um den Tod der vier Soldaten in Afghanistan. Unser Mitgefühl gehört den Angehörigen der Opfer.“ Zugleich forderten sowohl Lafontaine als auch Linksfraktionschef Gregor Gysi, die deutschen Truppen aus Afghanistan abzuziehen. „Der Einsatz der Bundeswehr in diesem aussichtslosen Krieg ist nicht mehr zu rechtfertigen“, betonte Lafontaine.
Die Grünen riefen die Bundesregierung auf, alle Informationen zu der neuerlichen Tragödie offenzulegen. „Wieder mussten Soldaten ihren Einsatz mit dem Leben bezahlen“, erklärten die Fraktionschefs Renate Künast und Jürgen Trittin. Für den verteidigungspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, Omid Nouripour, ist es „genauso wichtig“, dass die Regierung eine klare Abzugsperspektive darstelle. Sie müsse erklären, „was passieren muss, damit die Aufgabe erfüllt ist und die deutschen Soldaten zurückgehen können“. (ddp/apn)