Washington.

Auf dem Atomgipfel in Washington hat Angela Merkel internationale Regeln gefordert, um Terroristen das Bauen sogenannter „schmutziger Bomben“ zu erschweren. Besonders der in einigen Ländern recht fahrlässige Umgang mit radioaktivem Material bereitet der Kanzlerin Sorgen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat auf dem Atomgipfel in Washington mehr juristische Mittel zur Sicherung von nuklearem Material gefordert, das dem Bau einer sogenannten schmutzigen Bombe dienen könnte. Hier brauche es „internationale Rechtssicherheit“, forderte Merkel am Montagabend in der US-Hauptstadt.

„Schmutzige Bomben“ sind normale Sprengkörper, die mit radioaktivem Material bepackt sind. Das kann schwach strahlender Müll sein, und auch wenn die Wirkung niemals an die einer reinen Atombombe heranreicht, ist das Bedrohungsszenario groß: Zur zerstörerischen Wirkung des Sprengstoffs kommt noch die der Strahlung hinzu. Denkbar sind Verunsicherungen in der Bevölkerung bis hin zu weitergehenden Folgen für die Wirtschaft.

Das Material liegt in Krankenhäusern und Laboren

Schwach radioaktives Material wird mindestens für den Bau einer „schmutzigen Bombe“ benötigt, und das gibt es auch in Deutschland massenhaft: Insbesondere in Krankenhäusern wird mit dem strahlenden Material hantiert. Dazu kommen noch ein paar Forschungslabore. Allerdings machen den Deutschen nicht die Zustände im eigenen Land sorgen. Was Merkel und mit ihr US-Präsident Obama umtreibt, sind die Zustände, der möglicherweise zu sorglose Umgang mit radioaktivem Material im Ausland.

Merkel forderte deshalb ein entschlossenes Vorgehen gegen den Schmuggel von Nuklearmaterial. Hier brauche es „internationale Rechtssicherheit“, forderte Merkel am Montagabend in der US-Hauptstadt. Bereits vor dem Auftakt des Spitzentreffens von Staats- und Regierungschefs aus 47 Ländern konnte das Weiße Haus einen ersten Erfolg vermelden: Die Ukraine habe zugesagt, bis 2012 ihren gesamten Bestand an waffenfähigem Uran aufzugeben, teilte US-Regierungssprecher Robert Gibbs mit.

Hoffnung auf konkrete Maßnahmen

Die ukrainischen Bestände, die genug Material für die Herstellung mehrerer Bomben enthalten, sollen bis 2012 für die Wiederaufbereitung in die USA oder nach Russland gebracht werden. Die Einzelheiten seien noch nicht geklärt, räumte Gibbs ein. Das atomwaffenfähige Uran war 1991 beim Zerfall der Sowjetunion in den Besitz der Ukraine übergegangen.

US-Präsident Barack Obama äußerte die Hoffnung, dass auf dem Gipfel weitere Fortschritte zur Eindämmung der Weiterverbreitung von Nuklearmaterial erzielt werden könnten. „Ich glaube, am Ende werden wir von jedem Staat einige sehr konkrete Maßnahmen sehen, die die Welt etwas sicherer machen werden“, erklärte Obama.

China sagt Washington Kooperation im Atomstreit mit Iran zu

Im Streit über das iranische Atomprogramm kam es nach Angaben des Weißen Hauses zu einer Annäherung zwischen den USA und China: Der chinesische Präsidenten Hu Jintao habe sich bei einem Treffen mit Obama bereiterklärt, gemeinsam mit Washington an einer neuen UN-Sicherheitsresolution zur Verurteilung des Programms zu arbeiten, sagte Obamas Sicherheitsberater Jeff Bader. „Diese Resolution wird sehr deutlich machen, was es kostet, ein Atomprogramm fortzusetzen, mit dem der Iran gegen seine Verpflichtungen verstößt“, erklärte Bader.

Ob sich China zu einer Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran bereiterklärte, blieb indes offen. Der chinesische Regierungssprecher Ma Zhaoxu erklärte nach dem Treffen lediglich, China hoffe auf eine Verhandlungslösung.

Ban dringt auf Produktionsstopp für waffenfähiges Nuklearmaterial

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief die internationale Gemeinschaft zu Verhandlungen über einen Produktionsstopp für waffenfähiges Nuklearmaterial auf. Er appelliere an Staats- und Regierungschefs weltweit, „diese für die Menschheit essenzielle Angelegenheit voranzubringen“, erklärte Ban am Montag vor Beginn der Konferenz zur Nuklearsicherheit in Washington. Er schlage vor, die Verhandlungen „vielleicht im September am Sitz der Vereinten Nationen“ aufzunehmen.

Für einen weltweiten Produktionsstopp für hochangereichertes Uran und Plutonium, also spaltbares Material, das für die Herstellung von Atomwaffen eingesetzt wird, hatte sich bereits vor einem Jahr US-Präsident Barack Obama stark gemacht. Die Aufnahme von Verhandlungen über einen entsprechenden Vertrag wurde im Januar jedoch von der Atommacht Pakistan verhindert. Pakistan machte zur Bedingung für die Gespräche, dass sein Nachbar und Erzfeind Indien zur Verkleinerung seines bestehenden Atom-Arsenals verpflichtet werden müsse.

Merkel trifft Schwarzenegger

Merkel nimmt am (heutigen) Dienstag weiter an dem Gipfel teil, am Abend ist ein bilaterales Treffen mit Obama geplant. Anschließend reist die CDU-Vorsitzende nach Kalifornien weiter. Stationen werden am Mittwoch und Donnerstag Los Angeles und San Francisco sein. Dabei steht unter anderem ein Besuch der Stanford Universität auf Programm, wo Merkel eine Rede halten wird.

Die CDU-Vorsitzende folgt einer Einladung des kalifornischen Gouverneurs Arnold Schwarzenegger, die dieser im März vergangenen Jahres bei seinem Besuch der Computermesse Cebit in Hannover ausgesprochen hatte. Neben Gesprächen mit Schwarzenegger stehen Termine mit Wirtschaftsvertretern und Wissenschaftlern auf dem Programm. Merkel wird dazu unter anderem das Forschungslabor der Universität Berkeley besuchen. (apn)