Peking. .

Lange hat Chinas Präsident Hu Jintao gezögert, der Einladung seines US-Amtskollegen Barack Obama zum Atomgipfel in Washington zu folgen. Erst am Donnerstag sagte der Chinese zu – erst, nachdem der Gastgeber ausdrücklich versichert hatte, er respektiere Chinas „nationale Kerninteressen“. Gemeint ist Pekings Anspruch auf die Insel Taiwan.

Bei der zweitägigen Konferenz über nukleare Sicherheit wollen Vertreter von knapp fünfzig Staaten darüber reden, wie zu verhindern ist, dass gefährliches Atommaterial in die Hände von Ländern oder Organisationen fällt, die es für terroristische Ziele nutzen könnten. Ganz oben auf der Agenda: die Nuklearprogramme des Iran und Nordkoreas.

China gehört zu den traditionellen Nuklearmächten: 1964 zündeten Mao Zedongs Militärs die erste Atombombe im Westen des Landes. Heute soll China über 180 bis 240 Atomsprengköpfe verfügen.

Weltweit wird die Zahl der Sprengköpfe heute auf 23 000 geschätzt, 95 Prozent davon sind im Besitz der USA und Russlands. Obama und sein russischer Kollege Dmitri Medwedew unterzeichneten gerade ein Übereinkommen, nach dem die Zahl bis 2017 auf je 1550 reduziert werden soll.

Ausrüstung modernisiert

Zuständig für Chinas Atomwaffen ist das „Zweite Artillerie-Corps“, dessen Ausrüstung in den letzten Jahren kräftig modernisiert wurde. Nach Informationen von US-Experten lagert der Großteil der Sprengköpfe tief unter der Erde in den Qingling-Bergen der Zentralprovinz Shaanxi. Wichtige Atomfabriken und Lagerstätten finden sich aber auch in der Provinz Sichuan. Nach dem Erdbeben im Mai 2008 war die Sorge groß, dass dort auch die Nuklearschmieden beschädigt wurden. Zu-dem baut China seine Flotte von Atom-U-Booten aus.

Chinas Politiker betonen immer wieder, ihre Atomwaffen dienten nur zur Abschreckung und Verteidigung, sie würden nie für einen Erstschlag eingesetzt. Nach der Pekinger Atomdoktrin würden Atomsprengköpfe stets getrennt von den Raketen gelagert, versichert Li Bin vom Institut für Internationale Studien an der Tsinghua-Universität. Das bedeute, dass die „so genannten chinesischen Atomraketen in Friedenszeiten keine Atomwaffen sind“.

Amerika sollte mit gutem Beispiel vorangehen

Im September 2009 setzte sich Präsident Hu vor der Uno für eine atomwaffenfreie Welt ein. Dafür müsse jeder Staat zunächst zusichern, auf einen nuklearen Erstschlag zu verzichten, sagte er. Im zweiten Schritt könnten dann alle Atomwaffen verboten werden.

Die USA sollten mit gutem Beispiel vorangehen, forderte der chinesische Abrüstungsfunktionär Zhai Dequan kürzlich in einem Zeitungskommentar: „Wenn Amerika seinen ernsthaften Willen zur vollständigen nuklearen Abrüstung demonstriert, wird dies anderen Staaten erlauben, es ihm nachzutun.“ Peking werde seine Nuklearwaffen zerstören, wenn „die Qualität und Quantität der wichtigsten Atomarsenale auf das chinesische Niveau reduziert“ seien.

„Nukleare Besessenheit“

Anders als die USA halten Chinas Politiker und Militärs wenig davon, den Iran und Nordkorea mit Uno-Sanktionen von einem eigenen Atomwaffenprogramm abbringen zu wollen. Die Ursache der „nuklearen Besessenheit“ sei die Angst ihrer Regime, sich ohne Atomwaffen nicht gegen eine Intervention von Außen schützen zu können. Die Weltgemeinschaft müsse lernen, sich nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen und deren Souveränität zu respektieren, erklärt deRüstungsexperte Zhao und zitiert den alten Kriegsphilosophen Sun Zi: „Die Suppe hochzuheben, damit sie nicht kocht, ist weniger wirksam, als das Feuerholz unter dem Topf zu beseitigen“.